Pres­se­mit­tei­lung vom 04.04.2019

FSME: Keine spezifische Behandlung möglich

Nur Vorbeugung hilft: Vor allem eine regelmäßig aufgefrischte FSME-Impfung

Wien, 4. April 2019 – Wer nicht oder nicht kor­rekt geimpft ist, kann nach einem Zecken­stich nur noch war­ten und hof­fen, dass er oder sie sich kei­ne FSME- (Frühsommer-Meningoenzephalitis-)Infektion zuge­zo­gen hat. Etwa ein bis drei Pro­zent der hei­mi­schen Zecken tra­gen das aus­lö­sen­de Virus in sich. Ist eine Zecke infi­ziert, über­trägt sie das Virus unmit­tel­bar nach dem Stich. Ein sofor­ti­ges Ent­fer­nen des Spin­nen­tie­res mit­tels Pin­zet­te oder Zecken­zan­ge kann da nicht mehr hel­fen. Den­noch ist es sinn­voll, um ande­re Krank­hei­ten wie Bor­re­lio­se hint­an­zu­hal­ten. Ist es zu einer FSME-Infek­ti­on gekom­men, kön­nen nach ein bis zwei Wochen ers­te grip­pe­ar­ti­ge Sym­pto­me auf­tre­ten. Spä­tes­tens dann soll­ten Betrof­fe­ne so schnell wie mög­lich einen Arzt auf­su­chen. Das Pro­blem dabei: Es gibt kei­ne spe­zi­fi­sche The­ra­pie, behan­delt wer­den nur die Sym­pto­me. Ein even­tu­el­les Fort­schrei­ten der Erkran­kung bis hin zu den gefürch­te­ten neu­ro­lo­gi­schen Fol­gen kann nicht mehr ver­hin­dert wer­den.

„Man kann Zecken eigent­lich nicht aus dem Weg gehen“, erklärt Prof.in Ursu­la Kun­ze vom Zen­trum für Public Health der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien. „Auch in Groß­städ­ten wie Wien ist man vor ihnen nicht sicher. Über­all, wo Gras oder Sträu­cher sind, hal­ten sie sich bevor­zugt auf. Das kann am Donau­ka­nal sein, im Schre­ber­gar­ten oder am öffent­li­chen Spiel­platz. Nach jedem Auf­ent­halt in der Natur soll­te man sich bzw. sei­ne Kin­der nach Zecken absu­chen und die­se ggf. auch rasch ent­fer­nen. Das ist wich­tig, um sich vor Bor­re­lio­se zu schüt­zen, hilft aber nicht gegen FSME“, so die Exper­tin. „Auch sofor­ti­ges Duschen bringt nichts mehr.“ In sel­te­nen Fäl­len ist sogar eine Über­tra­gung des FSME-Virus über nicht­pas­teu­ri­sier­te Milch mög­lich. Auch das ist in Öster­reich schon vor­ge­kom­men.1

Ver­nach­läs­sig­te Auf­fri­schungs­imp­fung
Exper­ten gehen davon aus, dass in epi­de­mi­schen Gebie­ten (und ganz Öster­reich gilt als sol­ches) etwa ein bis drei Pro­zent der Zecken mit dem FSME-Virus infi­ziert sind. Sta­tis­tisch gese­hen erkran­ken etwa 33 Pro­zent der Infi­zier­ten, womit etwa jeder 100. bis 300. Zecken­stich tat­säch­lich zu einer Infek­ti­on führt.2 Das klingt nach kei­ner all­zu hohen Wahr­schein­lich­keit, den­noch sind 2018 in Öster­reich 154 Per­so­nen mit FSME im Spi­tal behan­delt wor­den, fünf davon sind gestor­ben.3 „Und das trotz einer Durch­imp­fungs­ra­te von über 80 Pro­zent und einer fast 100-pro­zen­ti­gen Schutz­wir­kung der Imp­fung“, berich­tet Kun­ze. „Aller­dings ist die­se hohe Durch­imp­fungs­ra­te trü­ge­risch, da vie­le Leu­te mitt­ler­wei­le die Auf­fri­schungs­imp­fung nicht mehr recht­zei­tig wahr­neh­men. Die­se Men­schen set­zen sich oft unwis­sent­lich erneut einem Infek­ti­ons­ri­si­ko aus. Das betrifft vor allem Per­so­nen über 60, die auf­grund des nach­las­sen­den Immun­sys­tems alle drei Jah­re* zur Auf­fri­schung müs­sen und auch häu­fi­ger von schwe­ren Krank­heits­ver­läu­fen betrof­fen sind.“

Vie­le schwe­re FSME-Ver­läu­fe 2018
Wer nach einem Zecken­stich an FSME erkrankt, merkt dies nicht sofort, denn es kommt erst nach ein bis zwei Wochen zu grip­pe­ähn­li­chen Beschwer­den, die dann auch wie­der ver­schwin­den. Oft ist die Krank­heit damit vor­über. Bei einem Teil der Erkrank­ten kommt es aber nach einem beschwer­de­frei­en Inter­vall zu einer zwei­ten Krank­heits­pha­se, in der das zen­tra­le Ner­ven­sys­tem befal­len wird. Sym­pto­me sind star­ke Kopf­schmer­zen, Licht­scheue, Schwin­del, Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen, Sprech­stö­run­gen sowie Geh­stö­run­gen. Auch Läh­mun­gen sind mög­lich. Durch­schnitt­lich stirbt etwa ein Pro­zent der Pati­en­ten mit neu­ro­lo­gi­schen Sym­pto­men an FSME.4 2018 wur­de die­ser Durch­schnitts­wert tra­gi­scher­wei­se sogar über­trof­fen und nur ein Drit­tel jener, die an einer kom­bi­nier­ten Hirn- und Rücken­marks­ent­zün­dung erkrank­ten, wur­de voll­stän­dig gesund. Die rest­li­chen zwei Drit­tel benö­tig­ten einen lan­gen sta­tio­nä­ren Kran­ken­haus­auf­ent­halt mit anschlie­ßen­der Reha­bi­li­ta­ti­on auf­grund von moto­ri­schen und kogni­ti­ven Fol­ge­schä­den.5

Unan­ge­neh­me Spät­fol­gen
Aber damit nicht genug: Unter lang­fris­ti­gen Aus­wir­kun­gen kön­nen näm­lich sogar jene lei­den, die es ursprüng­lich gar nicht so schwer erwischt hat. Bei man­chen Pati­en­ten kommt es zum sog. post-enze­pha­li­ti­schen Syn­drom mit Kon­zen­tra­ti­ons­stö­run­gen, Gedächt­nis­schwä­chen, Wort­fin­dungs­stö­run­gen oder Gang­un­si­cher­heit. Außer­dem kön­nen psy­chi­sche Stö­run­gen, Kopf­schmer­zen, all­ge­mei­nes Unwohl­sein und eine ein­ge­schränk­te Leis­tungs­fä­hig­keit auf­tre­ten. Laut einer schwe­di­schen Stu­die lit­ten nach einem Jahr immer noch 40 Pro­zent der Pati­en­ten an sol­chen Sym­pto­men.6

Ärz­te und Apo­the­ker bera­ten
„Das alles muss nicht sein. Die aller­meis­ten FSME-Fäl­le 2018 wären mit einer sehr hohen Wahr­schein­lich­keit zu ver­hin­dern gewe­sen. Damit sich sol­che Fall­zah­len die­ses Jahr nicht wie­der­ho­len, raten wir jedem, zu über­prü­fen, ob der Impf­schutz noch auf­recht ist“, betont Kun­ze. „Wer nicht mehr weiß, ob eine Auf­fri­schung fäl­lig ist oder nicht, soll­te dies so schnell wie mög­lich mit einem Arzt oder Apo­the­ker bespre­chen. Die Zecken sind bereits aktiv.“

*Per­so­nen unter 60 müs­sen alle fünf Jah­re zur Auf­fri­schung

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
Fine Facts Health Com­mu­ni­ca­ti­on
Mobil: +43 664 515 30 40
mueller-carstanjen@finefacts.at

Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
Mobil: +43 664 544 62 90
r.gallo-daniel@web.oevih.at
www.oevih.at

1 Holzmann H, Aberle SW, Stiasny K, et al.: Tick-borne encephalitis from eating goat cheese in a mountain region of Austria. Emerging infectious diseases 2009; Oct 15(10):1671–3
2 Kaiser, R., Nervenarzt 2016, 87:667–680
3 Zentrum für Virologie, Medizinische Universität Wien, Virusepidemiologische Information Nr. 02/19–7
4 https://www.ages.at/themen/ages-schwerpunkte/vektoruebertragene-krankheiten/zecken/durch-zecken-uebertragbare-krankheiten/, zuletzt abgerufen am 26.3.2019
5 Günther, G., et.al., Tick-bone encephalitis in Sweden in relation to aseptic meningo-encephalitis of other etiology: a prospective study of clinical course and outcome., J Neurol. 1997 Apr;244(4):230–8
6 Misic, ML, et.al., Post-encephalitic syndrome in patients with tick-borne encephalitis, Acta Med Croatica. 2009 Oct;63(4):269–78.