Pres­se­mit­tei­lung vom 20.03.2019

FSME: Steigende Fallzahlen und sinkende Impfmoral

Experten betonen Wichtigkeit der Auffrischungsimpfung

Wien, 20. März 2019 – 154 FSME-Fäl­le wur­den 2018 in Öster­reich regis­triert. Eine so hohe Fall­zahl gab es seit über 20 Jah­ren nicht – trotz einer im inter­na­tio­na­len Ver­gleich hohen Durch­imp­fungs­ra­te. Mehr als die Hälf­te der Betrof­fe­nen litt oder lei­det noch immer unter schwe­ren neu­ro­lo­gi­schen Ver­laufs­for­men. Die Grün­de für die vie­len Fäl­le dürf­ten viel­fäl­tig sein und rei­chen vom schö­nen Wet­ter, das beson­ders vie­le Men­schen ins Freie gelockt hat, über eine letz­tes Jahr beson­ders hohe Zecken­dich­te bis zur mög­li­cher­wei­se nicht immer im rich­ti­gen Zeit­fens­ter durch­ge­führ­ten FSME-Auf­fri­schungs­imp­fung. Exper­ten warn­ten am Mitt­woch bei einer Pres­se­kon­fe­renz in Wien davor, die vor­ge­schrie­be­nen Impf-Inter­val­le zu über­schrei­ten.

FSME kann jeden tref­fen
1999 wur­den in Öster­reich 41 Fäl­le von FSME (Früh­som­mer-Menin­go­en­ze­pha­li­tis) regis­triert,1 2018 waren es wie­der 154. Im Ver­gleich zu Vor-Impf­zei­ten, in denen jähr­lich zwi­schen 280 und 700 Per­so­nen an FSME erkrankt sind, ist das den­noch eine ver­gleichs­wei­se nied­ri­ge Zahl. Aber, so betont Univ.-Prof. Dr. Flo­ri­an Thal­ham­mer von der Kli­ni­schen Abtei­lung für Infek­tio­nen und Tro­pen­me­di­zin der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien: „Sie könn­te deut­lich nied­ri­ger sein, wenn sich jeder in Öster­reich kon­se­quent imp­fen lie­ße – unab­hän­gig vom Alter.“ Denn: 2018 war der jüngs­te Pati­ent drei Jah­re alt, der ältes­te 85. Ins­ge­samt waren mehr als die Hälf­te der Betrof­fe­nen über 50, jedoch wur­den auch 28 Kin­der unter 15 Jah­ren wegen FSME im Spi­tal behan­delt. „Jeder ein­zel­ne Pati­ent ist einer zu viel!“, so Thal­ham­mer. 77 Per­so­nen lit­ten 2018 an einem schwe­ren Ver­lauf mit Betei­li­gung des Gehirns, der Gehirn­haut oder des Rücken­marks, nur ein Drit­tel davon wur­de wie­der voll­stän­dig gesund. Fünf Pati­en­ten sind 2018 an FSME ver­stor­ben.2

Inzwi­schen ist ganz Öster­reich FSME-Ende­mie­ge­biet, die meis­ten FSME-Fäl­le wur­den aus Ober­ös­ter­reich berich­tet. Dort wur­den 2018 auch neue Infek­ti­ons­or­te (Umge­bung von Ried, Innern­see, Dorf an der Pram) außer­halb der bis­her bekann­ten Ende­mie­ge­bie­te beschrie­ben.2

FSME-Erkran­kun­gen bei Kin­dern und Jugend­li­chen neh­men zu
In den ver­gan­ge­nen sie­ben Jah­ren muss­ten mehr als dop­pelt so vie­le unter 15-Jäh­ri­ge wegen FSME im Spi­tal behan­delt wer­den als im Ver­gleichs­zeit­raum 2005 bis 2011.3 Und das, obwohl es einen spe­zi­el­len Kin­der­impf­stoff gibt und die Imp­fung ab dem voll­ende­ten ers­ten Lebens­jahr emp­foh­len ist.1

„Die Sinn­haf­tig­keit der FSME-Imp­fung zwei­felt kaum jemand an“, berich­tet Dr. Rudolf Schmitz­ber­ger, Lei­ter des Refe­rats für Impfan­ge­le­gen­hei­ten der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer. Trotz­dem sin­ke die Zahl der gegen FSME-Geimpf­ten. Die Grün­de dafür sei­en meist bana­ler Natur, erläu­tert der Impf­ex­per­te: „Vie­le Men­schen ver­ges­sen aufs Auf­fri­schen oder fin­den kei­ne Zeit, extra des­we­gen zum Arzt zu gehen. Man­che ver­län­gern aller­dings das Impf­in­ter­vall bewusst, weil sie fälsch­li­cher­wei­se glau­ben, dass die Imp­fung ohne­hin weit län­ger voll wirk­sam ist. Hier muss man aus ärzt­li­cher Sicht ganz klar sagen: Der nahe­zu hun­dert­pro­zen­ti­ge Schutz der FSME-Imp­fung ist nur dann gege­ben, wenn das Impf­sche­ma ein­ge­hal­ten wird.“

Hohe Zecken­ak­ti­vi­tät
Die vie­len – durch einen Zecken­stich über­tra­ge­nen – FSME-Erkran­kun­gen 2018 spie­geln sich auch in der Zecken­ak­ti­vi­tät wider. „Laut deut­schen Zecken­for­schern wur­de sowohl sub­jek­tiv als auch objek­tiv eine erhöh­te Akti­vi­tät der Zecken an vie­len Orten fest­ge­stellt“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Georg Duscher vom Insti­tut für Para­si­to­lo­gie von der Vete­ri­när­me­di­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien. Eine Erklä­rungs­va­ri­an­te wäre eine höhe­re Zecken­dich­te, so der Zecken­for­scher. Dies pas­se zu Hin­wei­sen, die auf einen all­ge­mei­nen Trend zu einer höhe­ren Zecken­ak­ti­vi­tät in den letz­ten Jah­ren – zum Bei­spiel auf­grund einer bes­se­ren Ver­füg­bar­keit von Wirts­tie­ren (Rehe, Mäu­se, etc.) – deu­ten wür­den. Mög­lich sei aber auch, dass die erhöh­te Zecken­be­falls­zahl ein­fach nur dar­auf zurück­zu­füh­ren ist, dass sich Mensch und Tier mehr als üblich im Frei­en auf­ge­hal­ten haben und dadurch mehr expo­niert waren.

Neue Zecken­art ent­deckt
Befal­len wer­den kann man seit kur­zem auch von einer neu­en Zecken­art. „Die tro­pi­sche Rie­sen­ze­cke, die letz­tes Jahr ver­ein­zelt in Deutsch­land und Öster­reich ent­deckt wur­de, kommt nor­ma­ler­wei­se in tro­pi­schen bzw. sub­tro­pi­schen Gebie­ten vor und gilt als Über­trä­ge­rin des Krim-Kon­go-hämor­rha­gi­schen Fie­bers und des Zecken­fleck­fie­bers“, erläu­tert Duscher. „Die Nym­phen die­ser Zecken wer­den wahr­schein­lich im Früh­jahr mit den Zug­vö­geln aus dem Süden zu uns gebracht und konn­ten sich 2018 auf­grund der war­men Wit­te­rungs­ver­hält­nis­se wei­ter­ent­wi­ckeln“, so Duscher. „Bei eini­gen wur­den auch die Erre­ger des Zecken­fleck­fie­bers, nicht aber des Krim-Kon­go-Fie­bers gefun­den. Hin­wei­se dar­auf, dass 2018 das Zecken­fleck­fie­ber auf einen Men­schen in Öster­reich über­tra­gen wur­de, gibt es der­zeit nicht.“

Impf­ak­ti­on bereits ange­lau­fen
„Von allen Krank­hei­ten, die Zecken bei uns über­tra­gen, ist FSME immer noch die schwer­wie­gends­te“, bringt Dr.in Chris­tia­ne Kör­ner, Apo­the­ke­rin und Impf­ex­per­tin, den aktu­el­len Stand auf den Punkt. Die wich­tigs­te Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me gegen FSME sei ein aktu­el­ler Impf­schutz. „Daher gibt es auch heu­er wie­der eine FSME-Impf­ak­ti­on. Die­se läuft bereits seit Febru­ar und dau­ert noch bis Ende August. Die FSME-Impf­stof­fe wer­den in die­sem Zeit­raum zu ver­güns­tig­ten Prei­sen in allen öffent­li­chen Apo­the­ken ange­bo­ten“, ergänzt Mag. pharm. Dr. Ger­hard Kobin­ger von der Öster­rei­chi­schen Apo­the­ker­kam­mer. „Die Son­der­prei­se betra­gen für Erwach­se­ne 35,80 Euro und für Kin­der 31,30 Euro. Dar­über hin­aus gewäh­ren alle Kran­ken­kas­sen einen ganz­jäh­ri­gen Kos­ten­zu­schuss in unter­schied­li­cher Höhe. Der Kos­ten­zu­schuss wird direkt in der öffent­li­chen Apo­the­ke vom Akti­ons­preis abge­zo­gen.“

Prak­ti­sche Hin­wei­se

Um sich auch gegen ande­re, von Zecken über­tra­ge­ne Krank­hei­ten wie Bor­re­lio­se zu schüt­zen und ers­te FSME-Sym­pto­me so früh wie mög­lich zu erken­nen, gibt Kör­ner noch fol­gen­de Tipps:

  • Kör­per nach einem Auf­ent­halt im Frei­en nach Zecken absu­chen und ent­deck­te Zecken so schnell wie mög­lich ent­fer­nen.
    Wenn sich nach etwa vier Wochen ein röt­li­cher Kreis bil­det, soll­te eine mög­li­che Bor­re­lio­se vom Arzt abge­klärt wer­den.
  • Bei grip­pe­ähn­li­chen Sym­pto­men nach einem Zecken­stich soll­te man sich eben­falls an einen Arzt wen­den. Wer sich im kor­rek­ten Impf­sche­ma befin­det, hat aber kei­nen Grund zur Beun­ru­hi­gung.
  • Die aktu­el­le Zecken­sai­son hat bereits begon­nen!

Über den ÖVIH
Der Öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) ist die Platt­form der in Öster­reich täti­gen Unter­neh­men, die Impf­stof­fe für alle Alters­grup­pen her­stel­len und ver­trei­ben. Der Ver­band arbei­tet außer­dem dar­an, ein Bewusst­sein für Impf­stof­fe als wesent­li­che pri­mä­re Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me schaf­fen und den Zugang zu bestehen­den und neu­en Imp­fun­gen sicher­stel­len und aus­bau­en. Dazu gehört die För­de­rung eines evi­denz­ba­sier­ten media­len und poli­ti­schen Dis­kur­ses zum The­ma „Imp­fun­gen“. Neben dem Fokus auf das The­ma „lebens­lan­ges Imp­fen“ setzt der ÖVIH daher in sei­ner Kom­mu­ni­ka­ti­on 2019 beson­ders auf unter­schied­li­che sai­so­na­le Schwer­punk­te. Dazu gehö­ren so wich­ti­ge Imp­fun­gen wie Influ­en­za, FSME oder Rei­se­imp­fun­gen. Wei­ters wird es Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ak­ti­vi­tä­ten zu bestimm­ten Ziel­grup­pen wie Kin­der, Frau­en oder älte­re Men­schen geben.

Hin­weis:
Wer eine gro­ße Zecke mit „gestreif­ten“ Bei­nen sieht: Bit­te abfo­to­gra­fie­ren oder in einem ver­schließ­ba­ren Plas­tik­ge­fäß an die Vete­ri­när­me­di­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät schi­cken, um wei­te­re For­schun­gen zu ermög­li­chen.

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
Fine Facts Health Com­mu­ni­ca­ti­on
Mobil: +43 664 515 30 40
mueller-carstanjen@finefacts.at

1 Österreichischer Impfplan 2019
2 Zentrum für Virologie, Medizinische Universität Wien, Virusepidemiologische Information Nr. 02/19–7
3 Zentrum für Virologie, Medizinische Universität Wien, Virusepidemiologische Informationen 2005–2018