Hirnentzündung: Selten, aber gefährlich

In vielen Fällen schützt eine Impfung – auf Reisen und Zuhause

Wien, 27. August 2019. Bei einer Ent­zün­dung des Gehirns (Enze­pha­li­tis) kann es manch­mal um Leben und Tod gehen. In eini­gen Fäl­len ist die Behand­lung ein Wett­lauf mit der Zeit, in ande­ren gibt es nicht ein­mal eine ursäch­li­che The­ra­pie. Der Kör­per kann dann nur selbst mit der Krank­heit fer­tig wer­den — oder auch nicht. Glück­li­cher­wei­se ist man in Öster­reich eher sel­ten mit einer der­art dra­ma­ti­schen Situa­ti­on kon­fron­tiert. Wer sich gegen mög­li­che Aus­lö­ser wie FSME, Menin­go­kok­ken, Masern, Wind­po­cken oder Her­pes Zos­ter imp­fen lässt, redu­ziert die Wahr­schein­lich­keit einer Erkran­kung wei­ter. Das gilt auch ganz beson­ders für alle, die ger­ne Fern­rei­sen machen. Denn auch die hier­zu­lan­de nicht auf­tre­ten­den Krank­hei­ten wie Japa­ni­sche Enze­pha­li­tis, West Nil Virus oder Toll­wut kön­nen zu Hirn­ent­zün­dun­gen füh­ren. Fern­rei­sen­de

Schlei­chen­der Beginn
„Der Beginn einer Hirn­ent­zün­dung ist meist unspe­zi­fisch, wes­we­gen manch­mal wert­vol­le Zeit ver­geht, bis die Betrof­fe­nen behan­delt wer­den“, erklärt Univ. Prof. Dr. Her­wig Kol­la­rit­sch, Fach­arzt für Spe­zi­fi­sche Pro­phy­la­xe und Tro­pen­me­di­zin am Zen­trum für Rei­se­me­di­zin. „Am Anfang haben die Pati­en­ten oft Sym­pto­me im Bereich des Ver­dau­ungs­trak­tes wie Bauch­schmer­zen, Übel­keit, Erbre­chen und Durch­fall. Oder sie haben das Gefühl, eine Erkäl­tung zu bekom­men. Doch dann fol­gen Fie­ber, Kopf­schmer­zen, Gelenks­schmer­zen, Abge­schla­gen­heit, Ver­wirrt­heit, Ver­hal­tens­än­de­run­gen, neu­ro­lo­gi­sche Anfäl­le, manch­mal sogar Bewusst­lo­sig­keit. Sind auch die Gehirn­häu­te ent­zün­det, kom­men noch Nacken­stei­fig­keit und Licht­emp­find­lich­keit hin­zu.“

Unter­schied­lichs­te Aus­lö­ser welt­weit
Eine Enze­pha­li­tis kann ver­schie­de­nen Ursa­chen haben. Die häu­figs­te ist eine Virus­in­fek­ti­on, es gibt aber auch bak­te­ri­ell aus­ge­lös­te Hirn­ent­zün­dun­gen. In sel­te­nen Fäl­len kann sie durch ande­re Erre­ger wie Pro­to­zoen oder Auto­im­m­un­re­ak­tio­nen ent­ste­hen. Ein häu­fi­ger, vira­ler Aus­lö­ser in Öster­reich ist eine Infek­ti­on mit dem von Zecken über­tra­ge­nen FSME-Virus. Mit ihm ver­wandt ist das Japan Enze­pha­li­tis-Virus, das vor allem in Süd- und Süd­ost­asi­en sowie auf den Inseln des West­pa­zi­fiks vor­kommt. Es wird von Mos­ki­tos über­tra­gen und for­dert jähr­lich bis zu 20.000 Todes­fäl­le welt­weit. Haupt­säch­lich davon betrof­fen ist die Land­be­völ­ke­rung, beson­ders in der Nähe zu Reis­fel­dern besteht ein erhöh­tes Risi­ko einer Infek­ti­on. Zwar kommt es nur bei weni­gen Infi­zier­ten zu einem schwe­ren Ver­lauf, aber im Fal­le einer Enze­pha­li­tis, kön­nen die Ärz­te nur noch die Sym­pto­me lin­dern. Eine ursäch­li­che Behand­lung gibt es nicht.3 „Tou­ris­ten sind vor allem dann gefähr­det, wenn sie als Ruck­sack­tou­ris­ten unter­wegs sind und sich abseits der übli­chen Tou­ris­ten­ge­gen­den über län­ge­re Zeit auf­hal­ten“, erläu­tert Kol­la­rit­sch. „Für sie kommt eine vor­beu­gen­de Imp­fung ein­deu­tig in Fra­ge. Außer­dem soll­ten sie sich mit allen Mit­teln gegen Mos­ki­tos schüt­zen. Das gilt übri­gens welt­weit — egal, wo man sich befin­det. Denn nicht gegen alle von Mos­ki­tos über­trag­ba­ren Krank­hei­ten gibt es eine Imp­fung.“

Men­schen­an­samm­lun­gen als Gefahr für Menin­go­kok­ken-Über­tra­gung
Wie schon erwähnt gibt es neben den vira­len Hirn­ent­zün­dun­gen auch bak­te­ri­el­le. Beson­ders gefähr­lich ist jene, die durch Menin­go­kok­ken aus­ge­löst wird. Sie kann inner­halb von weni­gen Stun­den von harm­lo­sen Sym­pto­men zum Tod füh­ren. Die Über­tra­gung erfolgt durch Tröpf­chen­in­fek­ti­on, der Erre­ger befin­det sich im Nasen-Rachen-Raum von erkrank­ten, aber auch von gesun­den Men­schen. Selbst bei schnel­ler und kor­rek­ter The­ra­pie ster­ben fünf bis zehn Pro­zent der Betrof­fe­nen. Ohne The­ra­pie steigt die­ser Pro­zent­satz auf 60 bis 80 Pro­zent. Je nach Welt­re­gi­on fin­det man unter­schied­li­che Sub­ty­pen. Rei­se­me­di­zi­ner Kol­la­rit­sch erläu­tert: „Beson­ders häu­fig tre­ten Menin­go­kok­ken in ver­schie­de­nen Regio­nen Afri­kas übli­cher­wei­se in der Tro­cken­zeit — Jän­ner bis März — auf. Spe­zi­ell dann, wenn vie­le Men­schen auf engs­tem Raum zusam­men­kom­men, wie das zum Bei­spiel in Flücht­lings­la­gern oder bei der jähr­li­chen Pil­ger­fahrt nach Mek­ka ist eben­falls eine Hoch­ri­si­ko­si­tua­ti­on ist. Daher gilt für die Teil­nah­me an der Hadsch seit eini­gen Jah­ren neben ande­ren Imp­fun­gen auch eine Impf­pflicht für die ACWY-Menin­go­kok­ken-Imp­fung.“

Menin­go­kok­ken auch in Öster­reich ein The­ma
2018 gab es laut der Natio­na­len Refe­renz­zen­tra­le für Menin­go­kok­ken 30 inva­si­ve Menin­go­kok­ken- Erkran­kun­gen in Öster­reich, davon vier mit töd­li­chem Aus­gang. Das ist eine Sterb­lich­keits­ra­te von knapp über 13 Pro­zent. Zwi­schen 2003 und 2018 sind 99 Per­so­nen (haupt­säch­lich Kin­der und Jugend­li­che) an Menin­go­kok­ken-beding­ten Erkran­kun­gen ver­stor­ben. Bei vie­len Erkrank­ten blei­ben auch lang­fris­ti­ge Schä­den wie neu­ro­lo­gi­sche Pro­ble­me, Schmer­zen oder groß­flä­chi­ge Nar­ben­bil­dung zurück.
Wie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat sich auch 2018 gezeigt, dass es zwei beson­ders stark betrof­fe­ne Grup­pen gibt: Kin­der unter vier Jah­ren und Teen­ager zwi­schen 15 und 19. Wäh­rend bei Klein­kin­dern und Säug­lin­gen das Immun­sys­tem noch nicht aus­rei­chend vor­be­rei­tet ist, set­zen sich Jugend­li­che vor allem durch ihr Sozi­al­ver­hal­ten – dar­un­ter fällt Küs­sen, Rau­chen, Zusam­men­sein auf engs­tem Raum – einem erhöh­ten Risi­ko aus.

Menin­go­kok­ken-Imp­fung emp­foh­len
Daher wird im Öster­rei­chi­schen Impf­plan auch die Menin­go­kok­ken-Imp­fung emp­foh­len: Gegen die Sub­ty­pen B und C gibt es Ein­zel­impf­stof­fe, die bereits im Säug­lings- und Klein­kind­al­ter ver­ab­reicht wer­den sol­len, die Kom­bi­na­ti­ons­imp­fung gegen die Sub­ty­pen A, C, W135 und Y wird im Alter zwi­schen 10 und 13 Jah­ren emp­foh­len. Letz­te­re ist auch im kos­ten­frei­en Kin­der­impf­pro­gramm enthalten.7 „Idea­ler­wei­se erhal­ten die Kin­der die­se Imp­fung in der Schu­le, vom Schul­arzt“, erläu­tert Dr.in Susan­ne Schmid, Fach­ärz­tin für Inne­re Medi­zin und Prä­si­den­tin des Eltern­ver­ban­des VEV im Bur­gend­land „Lei­der funk­tio­niert dies nicht über­all. Hier soll­ten die betrof­fe­nen Eltern han­deln und eine Imp­fung durch den Schul­arzt ein­for­dern. Flä­chen­de­cken­de Schulimp­fun­gen kön­nen stark dazu bei­tra­gen, die Durch­imp­fungs­ra­ten zu erhö­hen und die Erkran­kungs­ra­ten bei Menin­go­kok­ken und ande­ren impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen zu ver­rin­gern.“
Kin­der, die nicht in der Schu­le geimpft wer­den möch­ten oder denen kei­ne Schulimp­fung zur Ver­fü­gung steht, kön­nen die Menin­go­kok­ken-Imp­fung gra­tis beim Kin­der­arzt erhal­ten.

Refe­ren­zen:
https://www.who.int/topics/encephalitis_viral/en/
Zuletzt zuge­grif­fen am 23.7.2019
https://www.ages.at/themen/ages-schwerpunkte/vektoruebertragene-krankheiten/zecken/durch-zecken-uebertragbare-krankheiten/
Zuletzt zuge­grif­fen am 23.7.2019
https://www.who.int/wer/2015/wer9009.pdf
Zuletzt zuge­grif­fen am 23.7.2019

Menin­go­kok­ken-Jah­res­be­richt 2018
Öster­rei­chi­scher Impf­plan 2020

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