Pres­se­mit­tei­lung vom 27.04.2017

Immunization Week: Fakten versus Fakes

Die Argumente der Impfgegner – und was davon wahr ist

Wien, 27. April 2017 – Aus der Psy­cho­lo­gie ist bekannt, dass es für die meis­ten Men­schen schwe­rer ist, einen Men­schen durch akti­ves Tun zu ver­let­zen als durch pas­si­ves Nichts­tun. Das zeigt sich auch beim Imp­fen. Eltern wol­len ihren Kin­dern den Nadel­stich und ver­meint­li­che nega­ti­ve Fol­ge­wir­kun­gen einer Imp­fung erspa­ren, wäh­len in Wahr­heit dadurch aber das grö­ße­re Gesund­heits­ri­si­ko für ihr Kind. Basis für die weit­ver­brei­te­te Skep­sis und die Angst vor Impf­schä­den aller Art sind nicht zuletzt Inter­net­por­ta­le voll mit Schre­ckens­mel­dun­gen und Behaup­tun­gen. Vie­le davon stüt­zen sich auf längst revi­dier­tes Wis­sen, ande­re ent­beh­ren jeder Grund­la­ge. Man­che ent­hal­ten aber inmit­ten unrich­ti­ger Infor­ma­tio­nen zumin­dest einen wah­ren Kern.

„Imp­fun­gen unter­schei­den sich von ande­ren Gesund­heits­maß­nah­men in zwei wesent­li­chen Din­gen“, erläu­tert Univ.-Prof. Dr. Ingo­mar Mutz: „Sie wer­den an Gesun­den durch­ge­führt und es geht nicht nur um den Schutz des Indi­vi­du­ums, son­dern auch um jenen der Gesamt­be­völ­ke­rung (Her­den­schutz).“ Dem­entspre­chend sei es auch wich­tig, Nut­zen und Risi­ko abzu­wä­gen. „Aller­dings wird ein Impf­stoff ohne­hin nur dann von den Behör­den zuge­las­sen, wenn der Nut­zen bei wei­tem über­wiegt“, so Mutz wei­ter. Die Ängs­te vie­ler Men­schen vor Imp­fun­gen müss­te man aber unbe­dingt ernst neh­men und mit fun­dier­ten Fak­ten ent­kräf­ten.

Die wich­tigs­ten Mythen im Über­blick

1. Bes­se­re Hygie­ne und Ernäh­rung haben zum Rück­gang vie­ler Krank­hei­ten geführt, nicht die Imp­fun­gen
Ein Klas­si­ker in der Impf­geg­ner-Com­mu­ni­ty mit einem wah­ren Kern. Es stimmt, dass ver­bes­ser­te sozio­öko­no­mi­sche Ver­hält­nis­se, bes­se­re Ernäh­rung, sau­be­res Trink­was­ser und Hygie­ne­maß­nah­men Aus­wir­kun­gen auf Krank­hei­ten haben. Der zeit­li­che Ver­lauf im Auf­tre­ten von bestimm­ten Infek­ti­ons­krank­hei­ten zeigt aller­dings ein­deu­tig einen Zusam­men­hang mit der Ein­füh­rung der ent­spre­chen­den Imp­fun­gen. Das kann man bei­spiels­wei­se am Rück­gang der Masern erken­nen. Über die Jah­re gab es ein­mal mehr und ein­mal weni­ger Masern­fäl­le, zu einem per­ma­nen­ten star­ken Rück­gang kam es aber erst ab dem Ein­satz des Masern­impf­stof­fes im Jahr 1963. Ähn­li­che Ver­läu­fe zei­gen sich beim Auf­tre­ten von Hepa­ti­tis B vor und nach Ein­füh­rung des Impf­stof­fes bezie­hungs­wei­se bei Hae­mo­phi­lus Influ­en­zae Typ B (Hib). Auch die Gegen­bei­spie­le gibt es: Län­der, in denen die Ver­wen­dung bestimm­ter Impf­stof­fe zurück­ge­gan­gen ist, erleb­ten ein dra­ma­ti­sches Revi­val von Krank­hei­ten wie Keuch­hus­ten oder Diph­te­rie.

2. Auch geimpf­te Men­schen erkran­ken
Das ist kor­rekt. „Genau­so wie Medi­ka­men­te nicht bei allen Men­schen gleich gut wir­ken, so ent­wi­ckeln nicht alle, die geimpft wer­den, auch tat­säch­lich eine Immu­ni­tät“, erklärt der Medi­zi­ner Mutz. „Aber die gro­ße Mehr­heit tut es, so die Imp­fung kor­rekt durch­ge­führt wur­de“ (bei 85 bis 95 Pro­zent aller Kin­der-Imp­fun­gen ist die Imp­fung wirk­sam). Nur bei der Influ­en­za-Imp­fung ist das Anspre­chen in der Regel deut­lich nied­ri­ger, den­noch kann sie fast immer schwe­re Krank­heits­ver­läu­fe ver­mei­den. Wer­den Auf­fri­schungs­imp­fun­gen nicht zeit­ge­recht durch­ge­führt oder ist der Immun­schutz noch nicht voll­stän­dig auf­ge­baut, kann dies natür­lich Kon­se­quen­zen für die Schutz­wir­kung haben.

3. Vie­le Krank­hei­ten gibt es bei uns gar nicht mehr, daher ist eine Imp­fung nicht not­wen­dig
Es stimmt, dass vie­le impf­prä­ven­ta­ble Erkran­kun­gen bei uns heu­te nur noch sel­ten vor­kom­men. In ande­ren Tei­len der Welt ist das aller­dings oft anders. Das heißt, dass die Krank­hei­ten jeder­zeit wie­der zu uns ein­ge­schleppt wer­den kön­nen, wenn die Bevöl­ke­rung nicht durch Imp­fun­gen geschützt ist. Sin­ken­de Impf­quo­ten ber­gen daher die Gefahr von neu­er­li­chen Aus­brü­chen.

4. Imp­fun­gen kön­nen Krank­hei­ten und schwe­re Neben­wir­kun­gen ver­ur­sa­chen
Immer wie­der wur­de behaup­tet, dass Imp­fun­gen Autis­mus, Dia­be­tes oder Mul­ti­ple Skle­ro­se aus­lö­sen kön­nen. Bewei­se gibt es dafür nicht, aller­dings sehr vie­le Stu­di­en, die das Gegen­teil bele­gen. Der Vor­wurf, dass die MMR- (Masern, Mumps, Röteln-)Impfung zu Autis­mus füh­ren kann, beruht auf einer Stu­die des bri­ti­schen Arz­tes Andrew Wake­field, die schon vor vie­len Jah­ren wegen gro­ber Feh­ler und unethi­scher For­schungs­me­tho­den zurück­ge­zo­gen und sehr oft wider­legt wur­de. In der Zwi­schen­zeit hat sich auch her­aus­ge­stellt, dass Wake­field Geld von Eltern autis­ti­scher Kin­der erhal­ten hat­te, die die Impf­her­stel­ler ver­kla­gen woll­ten. In Groß­bri­tan­ni­en hat Wake­field mitt­ler­wei­le Berufs­ver­bot.

Rich­tig ist, dass auch die moderns­ten Impf­stof­fe uner­wünsch­te Reak­tio­nen her­vor­ru­fen kön­nen. Meist han­delt es sich dabei um sog. Impf­re­ak­tio­nen – also harm­lo­se Beschwer­den wie Bren­nen und Rötun­gen an der Ein­stich­stel­le, leich­tes Fie­ber oder grip­pe­ar­ti­ge Beschwer­den. Eine Impf­ne­ben­wir­kung ist im Gegen­satz dazu eine schäd­li­che und unbe­ab­sich­tig­te Reak­ti­on auf eine Imp­fung und kommt viel sel­te­ner vor. „Ob es sich über­haupt um eine Impf­ne­ben­wir­kung han­delt, ist bei Mas­sen­imp­fun­gen oft schwer zu bewer­ten, da es zu einem zeit­li­chen Zusam­men­tref­fen mit Krank­hei­ten kommt, die auch ohne Imp­fung in der Bevöl­ke­rung vor­kom­men“, so der erfah­re­ne Impf­spe­zia­list Mutz. Das ist auch der Grund, war­um vor eini­gen Jah­ren dar­über dis­ku­tiert wur­de, ob Imp­fun­gen zum plötz­li­chen Kinds­tod bei­tra­gen. Die Ver­mu­tung konn­te wider­legt wer­den, mitt­ler­wei­le scheint eher das Gegen­teil wahr zu sein. Babys, die am plötz­li­chen Kinds­tod gestor­ben sind, waren sel­te­ner und spä­ter geimpft.

In Öster­reich exis­tiert übri­gens ein Impf­scha­dens­ge­setz, das für nach­ge­wie­se­ne Schä­di­gun­gen eine finan­zi­el­le Ent­schä­di­gung vor­sieht. In den letz­ten Jah­ren muss­te eine sol­che in durch­schnitt­lich nur zwei Fäl­len pro Jahr zuer­kannt wer­den.

5. Die vie­len Imp­fun­gen und Mehr­fach­impf­stof­fe über­las­ten das Immun­sys­tem
Moder­ne Impf­stof­fe sind hoch gerei­nigt und beinhal­ten nur noch ein­zel­ne Bestand­tei­le der Erre­ger. Das kind­li­che Immun­sys­tem ist täg­lich sogar mit einer wesent­lich höhe­ren Anzahl an Anti­ge­nen kon­fron­tiert, als in einer ein­zi­gen Imp­fung ent­hal­ten sind. Die wis­sen­schaft­li­che Daten­la­ge zeigt außer­dem kei­ner­lei Hin­wei­se dar­auf, dass Mehr­fach­imp­fun­gen nega­ti­ve Effek­te auf das nor­ma­le Immun­sys­tem eines Kin­des haben. Kom­bi­na­ti­ons­impf­stof­fe haben durch­wegs Vor­tei­le: Sie ermög­li­chen, dass klei­ne Kin­der rela­tiv früh gegen vie­le Krank­hei­ten geschützt sind und sie erspa­ren ihnen unnö­ti­ge Nadel­sti­che.

6. Es ist bes­ser, Krank­hei­ten durch­zu­ma­chen, als zu imp­fen
Die weit ver­brei­te­te Idee, dass durch­ge­mach­te Krank­hei­ten bes­ser für das Immun­sys­tem von Kin­dern sei­en als Imp­fun­gen, konn­te bis heu­te nicht bewie­sen wer­den. Imp­fun­gen trai­nie­ren das Immun­sys­tem sogar, wäh­rend Infek­tio­nen Kin­der in ihrer Ent­wick­lung beein­träch­ti­gen und im Ernst­fall schwe­re Kom­pli­ka­tio­nen bis hin zum Tod mit sich brin­gen kön­nen.

Übri­gens, auch wenn Eltern in ihrer Kind­heit man­che Infek­ti­ons­krank­heit fol­gen­los über­stan­den haben, bedeu­tet das nicht, dass das auch auf ihre Kin­der zutref­fen muss. Etwa ein Vier­tel aller Masern-Fäl­le brin­gen Kom­pli­ka­tio­nen (Mit­tel­ohr­ent­zün­dung, Lun­gen­ent­zün­dung, Durch­fall, Gehirn­ent­zün­dung etc.) mit sich. Außer­dem hat­ten auch schon frü­her vie­le Kin­der nicht das Glück, alle Kin­der­krank­hei­ten zu über­ste­hen. So star­ben Mit­te des 20. Jahr­hun­derts immer noch Kin­der an Diph­te­rie – allein in der BRD wur­den 1949 noch 1.122 Todes­fäl­le durch Diph­the­rie regis­triert.

7. Bei Imp­fun­gen geht es nur um das Geschäft der Phar­ma­in­dus­trie
Impf­stof­fe gehö­ren im Ver­gleich zu ande­ren Medi­ka­men­ten zu den eher weni­ger lukra­ti­ven Pro­duk­ten der Phar­ma­in­dus­trie, da sie meist nur weni­ge Male ver­ab­reicht wer­den und die Her­stel­lung rela­tiv auf­wen­dig ist. Aus gesund­heits­öko­no­mi­scher Sicht machen Imp­fun­gen vie­le teu­re Behand­lun­gen unnot­wen­dig und hel­fen daher sogar dabei, Kos­ten zu redu­zie­ren. Außer­dem gehen mehr als die Hälf­te aller in Euro­pa her­ge­stell­ten und expor­tier­ten Impf­stof­fe an huma­ni­tä­re Orga­ni­sa­tio­nen.

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
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