Pres­se­mit­tei­lung vom 05.12.2017

Influenza-Impfung in der Schwangerschaft ein „must“

WHO plädiert für höchste Priorität in Impfprogrammen vor allen anderen Risikogruppen

Wien, 5. Dezem­ber 2017 – Imp­fen bei Schwan­ge­ren war lan­ge Zeit ein No-Go. Das hat sich geän­dert, gera­de bei Krank­hei­ten wie Influ­en­za. Zum einen erkran­ken Schwan­ge­re oft im Fal­le einer Anste­ckung beson­ders schwer. Zum ande­ren ist eine Imp­fung mit dem inak­ti­vier­ten Influ­en­za-Impf­stoff unge­fähr­lich und kann eine schwe­re Erkran­kung in vie­len Fäl­len ver­hin­dern. Außer­dem ist so auch das Kind in den ers­ten Mona­ten nach der Geburt durch den soge­nann­ten Nest­schutz wei­ter­hin geschützt. Ab einem Alter von sechs Mona­ten kön­nen und soll­ten Kin­der selbst geimpft wer­den.

In den USA und Kana­da wur­den Influ­en­za-Imp­fun­gen bei Schwan­ge­ren schon in den 1960er-Jah­ren durch­ge­führt.1 Die WHO emp­fiehlt sie seit 20052 und sieht Schwan­ge­re als prio­ri­tä­re Risi­ko­grup­pe für bestimm­te Imp­fun­gen an. Und auch der Öster­rei­chi­sche Impf­plan spricht sich ganz klar dafür aus.

Influ­en­za gefähr­det Mut­ter und Kind
Die Grün­de für die Impf­emp­feh­lun­gen lie­gen auf der Hand: Eine Schwan­ger­schaft ver­än­dert das Immun­sys­tem der wer­den­den Mut­ter und macht sie anfäl­li­ger für Infek­tio­nen. Noch dazu ver­läuft eine Influ­en­za-Infek­ti­on bei Schwan­ge­ren oft schwe­rer. „In sel­te­nen Fäl­len kann eine Influ­en­za bei Schwan­ge­ren sogar töd­lich sein. Lei­der ist das nicht nur in der Theo­rie so. Wir haben Schwan­ge­re mit schwe­rer Lun­gen­ent­zün­dung auf­grund von Influ­en­za an der Inten­siv­sta­ti­on über zwei Wochen im künst­li­chen Tief­schlaf beatmet. Ohne die­se Maß­nah­men wären sie gestor­ben“, erzählt Univ.-Prof. Dr. Her­bert Kiss von der Kli­ni­schen Abtei­lung für Gynä­ko­lo­gie und Geburts­hil­fe der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien. „Die­se Frau­en haben vor der Influ­en­za-Erkran­kung oft kei­ne gesund­heit­li­chen Pro­ble­me gehabt.“

Auch für das unge­bo­re­ne Kind kann eine Influ­en­za-Infek­ti­on gra­vie­ren­de Fol­gen haben. „Durch die schwe­re Erkran­kung der Schwan­ge­ren kommt es häu­fi­ger zu Früh­ge­bur­ten“, so Kiss.

Imp­fung schützt in mehr­fa­cher Hin­sicht
Für eine Imp­fung spre­chen meh­re­re Grün­de: Eine Influ­en­za-Imp­fung kann wäh­rend der Schwan­ger­schaft die wer­den­de Mut­ter vor einer Anste­ckung schüt­zen. Somit wird auch das Risi­ko redu­ziert, dass die Erkran­kung auf das Kind über­tra­gen wird. Außer­dem wer­den über den Mut­ter­ku­chen Anti­kör­per an den Fötus wei­ter­ge­ge­ben. Dadurch ent­steht ein Schutz für die ers­ten Mona­te nach der Geburt. Das ist wich­tig, weil Säug­lin­ge bis zu einem Alter von sechs Mona­te nicht selbst geimpft wer­den kön­nen.3 Kin­der, deren Müt­ter wäh­rend der Schwan­ger­schaft geimpft wur­den, hat­ten in einer Stu­die mit fast 250.000 wer­den­den Müt­tern plus deren Kin­der deut­lich redu­zier­te Erkran­kungs­ri­si­ken wäh­rend der ers­ten sechs Lebens­mo­na­te: minus 64 Pro­zent bei Influ­en­za-ähn­li­chen Erkran­kun­gen, minus 70 Pro­zent bei der „ech­ten“ Influ­en­za und minus 81 Pro­zent bei Hos­pi­ta­li­sie­run­gen auf­grund von Influ­en­za.4

Emp­feh­lung durch Arzt wich­tig
Trotz der über­zeu­gen­den Daten ist die Durch­imp­fungs­ra­te auch bei schwan­ge­ren Frau­en nach wie vor nied­rig. „Hier fehlt ganz ein­fach das Wis­sen“, so Gynä­ko­lo­ge Kiss. „Daher ist es auch wich­tig, dass wir Gynä­ko­lo­gen als betreu­en­de Ärz­te mehr Auf­klä­rungs­ar­beit leis­ten.“ Daten zei­gen, dass schwan­ge­re Frau­en, denen eine Influ­en­za-Imp­fung von ihrem Arzt emp­foh­len wur­de, sich fünf­mal häu­fi­ger für eine Imp­fung ent­schie­den haben als Frau­en, die kei­ne Emp­feh­lung erhal­ten haben.5

Klein­kin­der schüt­zen
Der Öster­rei­chi­sche Impf­plan emp­fiehlt eine Influ­en­za-Imp­fung auch für alle Kin­der ab sechs Mona­ten. Und das hat sei­nen Grund: Daten aus den USA las­sen dar­auf schlie­ßen, dass Kin­der unter fünf Jah­ren ähn­lich häu­fig wegen Influ­en­za-beding­ter Kom­pli­ka­tio­nen ins Spi­tal müs­sen wie Erwach­se­ne über 65 Jah­re. Gesun­de Kin­der, beson­ders jene unter zwei Jah­ren, sind dabei genau­so oft von schwe­ren Influ­en­za-Ver­läu­fen oder Kom­pli­ka­tio­nen betrof­fen wie chro­nisch Kran­ke. Wäh­rend der Influ­en­za-Sai­son 2013/2014 betra­fen 47 Pro­zent der Todes­fäl­le bei Kin­dern in den USA sol­che, die kei­ne Grund­er­kran­kun­gen auf­wie­sen.6 „Kin­der sind die Vek­to­ren für die Ver­brei­tung der Infek­ti­on. Nicht um sonst wur­de im spar­sa­men eng­li­schen Gesund­heits­sys­tem die Gra­tis-Influ­en­za- Imp­fung für Kin­der­gar­ten­kin­der um einen Jahr­gang aus­ge­dehnt. Die Influ­en­za-Imp­fung ist wei­ters sehr sicher und soll­te daher unbe­dingt durch­ge­führt wer­den – auch wenn sie in Öster­reich nicht im kos­ten­lo­sen Kin­der-Impf­pro­gramm ist“, emp­fiehlt MR Dr. Rudolf Schmitz­ber­ger, Fach­arzt für Kin­der- und Jugend­heil­kun­de. „Sie kann zwar nach wie vor kei­nen hun­dert­pro­zen­ti­gen Schutz gewähr­leis­ten, trotz­dem hilft sie, Kom­pli­ka­tio­nen und Spi­tals­auf­ent­hal­te zu erspa­ren und könn­te bei aus­rei­chen­der Durch­imp­fung die Infek­ti­ons­ket­te unter­bre­chen.“

Bei der erst­ma­li­gen Imp­fung von Kin­dern bis zum voll­ende­ten ach­ten Lebens­jahr wer­den im Unter­schied zu Erwach­se­nen zwei Imp­fun­gen im Abstand von min­des­tens vier Wochen ver­ab­reicht. Danach ist eine ein­mal jähr­li­che Imp­fung aus­rei­chend.7

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
Fine Facts Health Com­mu­ni­ca­ti­on
Mobil: +43 664 515 30 40
mueller-carstanjen@finefacts.at

Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
Mobil: +43 664 544 62 90
r.gallo-daniel@web.oevih.at
www.oevih.at

1 Fiore AE, Bridges CB, Katz JM, et al. Inactivated influenza vaccines, In: Plotkin S, Orenstein WA, Offit PA ed. Vaccines ed. 6. Elsevier Saunders 2013:257‐93
2 World Health Organization: Influenza vaccines: WHO position paper. Wkly Epidemiol Rec 2005; 80:277–88.
3 Phadke, Varun K., Omer, Saad B., Maternal vaccination for the prevention of influenza: current status and hopes for the future, Expert Rev Vaccines. 2016 October ; 15(10): 1255–1280.
4 Shakib, Julie H., et.al., Influenza in Infants Born to Women Vaccinated During Pregnancy, Pediatrics. 2016 Jun;137(6)
5 Eppesa C, Wua A, Youb W, et al. Barriers to influenza vaccination among pregnant women. Vaccine 2013; 31:2874‐8
6 European Centre for Disease Prevention and Control. ECDC scientific advice on seasonal influenza vaccination of children and pregnant women. Stockholm: ECDC; 2012.
7 Österreichischer Impfplan 2017