Influenza: Impfstoffbedarf zeigt Notwendigkeit von besserer Planung auf

Kinder und Risikopersonen sollen heuer prioritär geimpft werden

Wien, 21. Okto­ber 2020. Die Situa­ti­on ist para­dox: Trotz einer Rekord­men­ge an Influ­en­za-Impf­stof­fen könn­te es heu­er erst­mals zu einer Impf­stoff­knapp­heit kom­men. Grün­de dafür sind die in den letz­ten Jah­ren man­geln­de Impf­be­reit­schaft der Öster­rei­che­rIn­nen, die Not­wen­dig­keit einer früh­zei­ti­gen Bestel­lung von zusätz­li­chen Impf­stoff­men­gen und die Beson­der­hei­ten in der Pro­duk­ti­on. Um zukünf­tig bes­ser vor­be­rei­tet zu sein, braucht es eine lang­fris­ti­ge Pla­nung gemein­sam mit der öffent­li­chen Hand, der Ärz­te­kam­mer, der Apo­the­ker­kam­mer und dem Groß­han­del. Doch auch bereits heu­er wer­den die Öster­rei­che­rIn­nen bes­ser als in den Vor­jah­ren gegen Influ­en­za geschützt sein. Denn erst­mals wur­de die Influ­en­za-Imp­fung in das Gra­tis­kin­der­impf­pro­gramm auf­ge­nom­men. Dadurch soll die Ver­brei­tung der Influ­en­za deut­lich ein­ge­dämmt wer­den. Außer­dem ste­hen spe­zi­el­le Impf­stof­fe für Senio­rIn­nen in Pfle­ge­ein­rich­tun­gen zur Ver­fü­gung.

Risi­ko­grup­pen schüt­zen
Wie bei Covid-19 geht es auch bei der Influ­en­za vor allem dar­um, Risi­ko­grup­pen vor der Erkran­kung zu schüt­zen. Das sind unter ande­rem Per­so­nen mit einer bekann­ten Herz-Kreis­lauf-Erkran­kung, da eine Influ­en­za bei ihnen oft schwer­wie­gen­de Kom­pli­ka­tio­nen ver­ur­sa­chen kann. „Die Influ­en­za-Imp­fung redu­ziert die­ses Risi­ko“, erläu­tert Prim. Univ. Doz. Dr. Chris­toph Wenisch von der 4. Medi­zi­ni­sche Abtei­lung der Kli­nik Favo­ri­ten. Auch bei Per­so­nen mit Dia­be­tes kön­ne das Risi­ko an einer Influ­en­za-beding­ten Kom­pli­ka­ti­on zu ster­ben, durch eine Influ­en­za-Imp­fung deut­lich gesenkt wer­den, so der Infek­tio­lo­ge. Einen dop­pel­ten Effekt hat die Influ­en­za-Imp­fung bei Per­so­nen mit Asth­ma: Sie redu­ziert nicht nur die Wahr­schein­lich­keit für so schwe­re Asth­ma­an­fäl­le, dass eine Behand­lung in einer Not­auf­nah­me oder ein Spi­tals­auf­ent­halt not­wen­dig wird, son­dern auch jene für die Influ­en­za-Erkran­kung selbst.

„Beson­ders emp­foh­len ist die Imp­fung auch für Men­schen ab dem 60. Lebens­jahr“, ergänzt Priv. Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paul­ke-Kori­nek, PhD, DTM von der Abtei­lung Impf­we­sen im Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Sozia­les, Gesund­heit, Pfle­ge und Kon­su­men­ten­schutz (BMSGPK). Um die­se Hoch­ri­si­ko­grup­pe opti­mal zu schüt­zen, hät­te das BMSGPK auch spe­zi­el­le Impf­stof­fe für Per­so­nen in Alten- und Pfle­ge­hei­men bereit­ge­stellt.

Erst­mals „kos­ten­freie Kin­der­imp­fung“
„Mit der kos­ten­frei­en Imp­fung im Kin­der­impf­pro­gramm ver­fol­gen wir außer­dem die Stra­te­gie, Her­den­ef­fek­te zu errei­chen“, betont Paul­ke-Kori­nek. „Kin­der spie­len näm­lich eine wich­ti­ge Rol­le bei der Über­tra­gung und Ver­brei­tung der Influ­en­za, sie sind „der Motor“ der Grip­pe­wel­le.“ Man wis­se, dass die Imp­fung von Kin­dern auch Erkran­kun­gen in ande­ren Alters­grup­pen ver­hin­dern kön­ne. Modell­rech­nun­gen erga­ben, dass bereits eine 20-pro­zen­ti­ge Durch­imp­fung von Schul­kin­dern mit einem bes­se­ren (Gemeinschafts-)Schutz vor schwe­rem Ver­lauf und Tod durch Influ­en­za für über 60-Jäh­ri­ge ein­her­geht als eine Imp­fung von 90 % der Senio­rIn­nen. Zudem könn­ten auch Kin­der schwer an Influ­en­za erkran­ken und sogar ver­ster­ben.

Knapp­heit trotz Rekord-Impf­stoff­men­ge
Gleich­zei­tig könn­te heu­er erst­mals der Fall ein­tre­ten, dass nicht jeder oder jede Impf­wil­li­ge eine Imp­fung erhal­ten kann. Zurück­zu­füh­ren ist das unter ande­rem auf die bis­her extrem nied­ri­ge Durch­imp­fungs­ra­te. „In den letz­ten Jah­ren haben sich in Öster­reich nicht ein­mal 10 Pro­zent der Bevöl­ke­rung imp­fen las­sen. Jedes Jahr muss­ten wir als Impf­stoff­her­stel­ler Tau­sen­de nicht ver­wen­de­te Influ­en­za-Impf­stoff­do­sen ver­nich­ten. In der letz­ten Sai­son (2019/2020) waren es 41.000 nicht ver­impf­te Dosen“, erläu­tert Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler. Die Her­stel­ler gin­gen nor­ma­ler­wei­se in ihren Pla­nun­gen von den Vor­jah­res­men­gen aus. Ist der Bedarf höher, müs­se dies spä­tes­tens Anfang des Jah­res an die Pro­duk­ti­ons­stät­ten gemel­det wer­den. Das lie­ge an der kom­ple­xen Pro­duk­ti­on sol­cher Impf­stof­fe, so Gal­lo-Dani­el. „Pro­du­ziert wird immer in zwei Zyklen, jeweils einer für die Nord- und für die Süd­halb­ku­gel. „Jetzt wird schon wie­der auf die Pro­duk­ti­on für die Süd­halb­ku­gel umge­stellt. Die Pro­duk­ti­on für unse­re Brei­ten­gra­de ist abge­schlos­sen“, stellt Gal­lo-Dani­el klar. „Man kann auch die Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten nicht so ein­fach erwei­tern, es dau­ert Jah­re, eine neue Anla­ge in Betrieb zu neh­men. Auch für die Inhalts­stof­fe, wie zum Bei­spiel Hüh­ner­ei­er und ande­re Anzucht­me­di­en, bis hin zu Sprit­zen ist eine län­ge­re Vor­lauf­zeit not­wen­dig.“ Trotz der schwie­ri­gen Aus­gangs­si­tua­ti­on habe man es geschafft, mehr Impf­stoff­do­sen als im Vor­jahr nach Öster­reich zu brin­gen. Ers­te Eva­lu­ie­run­gen für Öster­reich lagen bei 1,25 Mil­lio­nen Dosen. Den Her­stel­lern der Influ­en­za-Impf­stof­fe sei es aber gelun­gen, die­se Kon­tin­gen­te aus­zu­wei­ten. „Nun wer­den wir bis zum Ende der Influenza–Impfsaison 1,86 Mil­lio­nen Influenza–Impfstoffdosen in Öster­reich haben — also mehr als das Dop­pel­te im Ver­gleich zum im Vor­jahr“, erläu­tert Gal­lo-Dani­el. Die­se 1,86 Mil­lio­nen Impf­stoff­do­sen wür­den die bereits aus­ge­lie­fer­ten Men­gen beinhal­ten, aber auch die noch zu lie­fern­den. Wer jetzt kei­nen Impf­stoff erhal­ten hat, soll­te sich also im Novem­ber noch ein­mal erkun­di­gen. „Idea­ler Impf-Zeit­punkt ist ohne­hin im Novem­ber“, erklärt Infek­tio­lo­ge Wenisch, „dann reicht die Immu­ni­tät auch für die gesam­te Influ­en­za-Sai­son.“ „Ob die Impf­stoff­men­ge ins­ge­samt rei­chen wird, kann aber aus heu­ti­ger Sicht nie­mand sagen“, stellt Gal­lo-Dani­el fest.

Zusätz­li­che Belas­tun­gen für das Gesund­heits­sys­tem wäh­rend der Covid-19-Pan­de­mie redu­zie­ren
In den kom­men­den Mona­ten wird wei­ter­hin mit vie­len Covid-19-Fäl­len gerech­net. Da ein gewis­ser Teil auch sta­tio­när behan­delt wer­den muss bezie­hungs­wei­se auch eine inten­siv­me­di­zi­ni­sche Betreu­ung benö­tigt, ist es wich­tig, wei­ter­hin aus­rei­chend Res­sour­cen dafür zur Ver­fü­gung zu haben. Ein Betrag dazu ist, Atem­wegs­er­kran­kun­gen und Spi­tals­auf­ent­hal­te auf­grund von Pneu­mo­kok­ken, Influ­en­za und Keuch­hus­ten durch ent­spre­chen­de Imp­fun­gen zu ver­hin­dern, wie auch die WHO fest­stellt.

Beson­de­re Her­aus­for­de­rung für Ärz­tIn­nen
„Des­we­gen kommt den Ärz­tin­nen und Ärz­ten eine höhe­re Ver­ant­wor­tung zu als in Zei­ten unbe­schränk­ter Ver­füg­bar­keit von Influ­en­za-Impf­stof­fen“, betont Schmitz­ber­ger. Sie soll­ten daher man­che ihrer Pati­en­tIn­nen dies­mal auch dar­um bit­ten, auf ihre Imp­fung zuguns­ten jener zu ver­zich­ten, die ein höhe­res Risi­ko hät­ten. „Wich­tig ist, dass wir die vor­han­de­nen Res­sour­cen best­mög­lich zuguns­ten der Schutz­be­dürf­tigs­ten ein­set­zen und für größt­mög­li­chen Gemein­schafts­schutz sor­gen. Die wich­tigs­ten Ziel­grup­pen sind daher: Kin­der­gar­ten­kin­der, Kin­der mit Grund­krank­hei­ten, Senio­ren, und da vor allem jene mit Risi­ko­fak­to­ren.“

Her­stel­ler brau­chen Pla­nung
„Um eine Situa­ti­on wie heu­er zu ver­mei­den, brau­chen wir für die Zukunft eine bes­se­re Pla­nung gemein­sam mit allen Play­ern, das heißt von der öffent­li­chen Hand über die Apo­the­ker­kam­mer bis hin zu den Groß­händ­lern. Fest­ge­legt wer­den müs­sen unter ande­rem kon­kre­te Impf­zie­le, Abnah­me­men­gen und Dis­tri­bu­ti­ons­maß­nah­men“, betont Prä­si­den­tin Gal­lo-Dani­el. „Nur so kön­nen wir unser gemein­sa­mes Ziel, eine Zurück­drän­gung der Erkran­kung mit all ihren Fol­gen auch errei­chen.“

Refe­ren­zen:

Vasi­lei­ou E, et.al. Effec­ti­ve­ness of Influ­en­za Vac­ci­nes in Asth­ma: A Sys­te­ma­tic Review and Meta-Ana­ly­sis. Clin Infect Dis. 2017 Oct 15;65(8):1388–1395.

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Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Mag.a Rene Gal­lo-Dani­el
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