Pres­se­mit­tei­lung vom 28.11.2018

Influenza-Impfung kann vor Herzinfarkten schützen

Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in der ersten Woche nach einer Influenza-Infektion besonders hoch

Wien, 28. Novem­ber 2018 – Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen wie Herz­in­farkt oder Schlag­an­fall und Influ­en­za hän­gen zusam­men. Hin­wei­se dar­auf haben sich in den letz­ten Jah­ren bereits stark ver­dich­tet. Selbst die renom­mier­te Coch­ra­ne Libra­ry bestä­tigt dies in einem Report. Dass aber gera­de die ers­ten sie­ben Tage nach einer Influ­en­za-Dia­gno­se beson­ders kri­tisch sind, zeigt eine Stu­die auf, die heu­er im renom­mier­ten New Eng­land Jour­nal of Medi­ci­ne ver­öf­fent­licht wur­de. Ein Grund mehr für Per­so­nen mit vor­be­stehen­den Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen, beson­ders wenn sie älter sind, zur vor­beu­gen­den Influ­en­za-Imp­fung zu gehen.

Ers­te Beob­ach­tun­gen zu einem Zusam­men­hang zwi­schen dem Auf­tre­ten von Herz­in­fark­ten und Influ­en­za sowie einer höhe­ren Sterb­lich­keit auf­grund von Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen wäh­rend der Influ­enz­a­sai­son gab es bereits in den 1930er-Jah­ren.1 Seit eini­gen Jah­ren wird die­ser Zusam­men­hang nun inten­si­ver unter­sucht.

Grün­de noch nicht rest­los geklärt
War­um eine Influ­en­za zu einem erhöh­ten Risi­ko für Herz­in­fark­te und Schlag­an­fäl­le führt, ist noch nicht voll­stän­dig geklärt. Grund­sätz­lich füh­ren zwar alle Infek­tio­nen über eine Kas­ka­de sys­te­mi­scher Infek­tio­nen und dar­aus ent­ste­hen­der Ent­zün­dun­gen zu einem gestei­ger­ten Risi­ko für Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen, bei der Influ­en­za dürf­ten aber wei­te­re Fak­to­ren erschwe­rend dazu­kom­men. Eine Hypo­the­se ist, dass das Virus zu einem Gerinn­sel aus exis­tie­ren­den athero­skl­ero­ti­schen Plaques (Abla­ge­run­gen) führt und dadurch einen aku­ten koro­na­ren Ver­schluss (Ver­stop­fung der Herz­kranz­ge­fä­ße) aus­löst.2 Ande­re poten­zi­el­le Ursa­chen bezie­hen sich unter ande­rem auf eine ver­rin­ger­te Ent­zün­dungs­hem­mung oder die Erhö­hung der Makro­pha­gen- Zir­ku­la­ti­on in den Arte­ri­en.2

Die ers­ten sie­ben Tage sind ent­schei­dend4
In einer heu­er im ange­se­he­nen New Eng­land Jour­nal of Medi­ci­ne publi­zier­ten Stu­die wur­de erst­mals gezeigt, dass spe­zi­ell die ers­ten sie­ben Tage nach einer (labor­be­stä­tig­ten) Influ­en­za-Infek­ti­on jene sind, in der die Gefahr für einen Herz­in­farkt beson­ders groß ist. Näm­lich sechs Mal so hoch wie im gesam­ten Jahr davor oder danach. Beson­ders groß war das Risi­ko für älte­re Pati­en­ten, jenen, die eine Infek­ti­on mit dem B‑Stamm des Virus hat­ten und für Pati­en­ten, die ihren ers­ten Infarkt erlit­ten. „Am Beginn der Erkran­kung soll­ten wir also ganz beson­ders auf etwa­ige Herz­in­farkt-Anzei­chen bei unse­ren Influ­en­za-Pati­en­ten ach­ten und sie lie­ber ein­mal zu viel ins Spi­tal schi­cken als ein­mal zu wenig“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Sio­str­zo­nek, Ärzt­li­cher Lei­ter der Abtei­lung für Inne­re Medi­zin II, Kar­dio­lo­gie im Kran­ken­haus der Barm­her­zi­gen Schwes­tern in Linz.

Imp­fung wirkt
Bereits im Jahr 2015 konn­te in einer ande­ren Ana­ly­se über meh­re­re Stu­di­en nicht nur gezeigt wer­den, dass Herz­in­fark­te häu­fi­ger bei Pati­en­ten mit Influ­en­za auf­tre­ten, son­dern auch, dass eine Imp­fung das Risi­ko dafür redu­zie­ren kann. Die errech­ne­te Wirk­sam­keit der Imp­fung lag dem­nach bei knapp 30 Pro­zent. Ihre Schutz­wir­kung hat damit eine ähn­li­che Grö­ßen­ord­nung wie eini­ge ande­re, deut­lich bes­ser akzep­tier­te Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men bei bereits vor­be­las­te­ten Per­so­nen. So wird zum Bei­spiel die Effek­ti­vi­tät von Sta­ti­nen mit 36 Pro­zent berech­net, jene von Medi­ka­men­ten gegen Blut­hoch­druck mit 15 bis 18 Pro­zent und Maß­nah­men zur Rau­cher­ent­wöh­nung mit 26 Pro­zent.2

Auch die kar­dio­vas­ku­lär beding­ten Todes­fäl­le dürf­ten sich durch Impf­maß­nah­men redu­zie­ren las­sen. Die renom­mier­te Coch­ra­ne Libra­ry hat ana­ly­siert, dass unter Per­so­nen mit Vor­be­las­tung in der Grup­pe der Geimpf­ten 2,3 Pro­zent der Pati­en­ten ver­stor­ben sind, aber mehr als dop­pelt so vie­le – näm­lich 5,1 Pro­zent – in der Grup­pe der nicht Geimpf­ten.3

Bei Ver­schrei­bung von Blut­druck­sen­kern und Sta­ti­nen an Imp­fung den­ken
Die Influ­en­za-Imp­fung wird von allen rele­van­ten natio­na­len und inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen für Per­so­nen mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen – und dazu gehö­ren Per­so­nen mit Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen – emp­foh­len. Sie ist auch im öster­rei­chi­schen Impf­plan vor­ge­se­hen. Den­noch ist die Durch­imp­fungs­ra­te gera­de in Öster­reich äußerst nied­rig.

„Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen sind nach wie vor die häu­figs­te Todes­ur­sa­che in Öster­reich“, erklärt der Kar­dio­lo­ge. „Vie­le Per­so­nen – gera­de jene im höhe­ren Lebens­al­ter – haben auch schon Vor­schä­den. Die Influ­en­za-Imp­fung wäre eine ein­fa­che, kos­ten­güns­ti­ge und effek­ti­ve Vor­beu­gungs­maß­nah­me. Haus­ärz­te soll­ten bei jeder Ver­schrei­bung eines Sta­tins oder eines blut­druck­sen­ken­den Medi­ka­men­tes auch die Influ­en­za-Imp­fung emp­feh­len“, unter­streicht Sio­str­zo­nek abschlie­ßend.

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Kon­takt ÖVIH:
Mag. Bern­hard Pra­ger
Gene­ral­se­kre­tär des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
Mobil: +43 664 801 85 5340
b.prager@web.oevih.at
www.oevih.at

1 Wu P, Goldstein E, Ho LM, et al. Excess mortality associated with influenza A and B virus in Hong Kong, 1998–2009. J Infect Dis 2012;206:1862–71.
2 Barnes M, Heywood AE, Mahimbo A, et al. Acute myocardial infarction and influenza: a meta-analysis of case–control studies. Heart 2015;101:1738–1747.
3 Clar C, Oseni Z, Flowers N, Keshtkar-Jahromi M, Rees K. Influenza vaccines for preventing cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 5. Art. No.: CD005050. DOI: 10.1002/14651858.CD005050.pub3.
4 Kwong, JC, Schwartz KL. N Engl J Med 2018;378:345–53. DOI: 10.1056/NEJMoa1702090