Pres­se­mit­tei­lung vom 16.12.2016

Influenza: Senioren sind Impfmuffel

Influenza oft mit Erkältung verwechselt – mehr Aufklärung notwendig

Wien, 16. Dezem­ber 2016 – Nur jeder fünf­te Öster­rei­cher über 60 ist gegen Influ­en­za geimpft. Das ist ein im inter­na­tio­na­len Ver­gleich sehr nied­ri­ger Wert. Zwar ist die Stan­dard­imp­fung gegen Influ­en­za bei älte­ren Per­so­nen etwas weni­ger wir­kungs­voll als bei jün­ge­ren, sie ist aber nach wie vor der ein­zi­ge wirk­sa­me Schutz gegen die Krank­heit und ihre oft schwer­wie­gen­den Fol­ge­er­schei­nun­gen. 90 Pro­zent aller Grip­pe-Todes­fäl­le betref­fen Senio­ren.

Bes­se­re Auf­klä­rung not­wen­dig
Laut Öster­rei­chi­scher Gesund­heits­be­fra­gung 2014 haben nur 18 Pro­zent der öster­rei­chi­schen Bevöl­ke­rung über 60 Jah­ren einen auf­rech­ten Impf­schutz gegen Influ­en­za. „Eine erschre­ckend nied­ri­ge Zahl“, sagt Univ.-Prof.in Dr.in Bea­trix Gru­beck-Loeben­stein vom For­schungs­in­sti­tut für Bio­me­di­zi­ni­sche Alterns­for­schung der Uni­ver­si­tät Inns­bruck. „Hier müs­sen wir drin­gend mehr Auf­klä­rungs­ar­beit leis­ten.“ Als einen Grund für die gerin­ge Durch­imp­fungs­ra­te in die­ser Grup­pe ortet die Exper­tin die weit ver­brei­te­te Ansicht, dass eine Imp­fung ohne­hin nichts brin­gen wür­de. „Hier liegt oft ein grund­le­gen­der Irr­tum vor“, so Gru­beck-Loeben­stein wei­ter. „Oft wird die Influ­en­za mit einer gewöhn­li­chen Erkäl­tung ver­wech­selt, gegen die die Imp­fung natür­lich nicht hilft. Wenn jemand trotz Imp­fung Erkäl­tungs­sym­pto­me hat, wird dies oft fälsch­li­cher­wei­se als Impf­ver­sa­gen gewer­tet. Dass es aber auf­grund der Imp­fung gar nicht zu einer ‚ech­ten‘ Grip­pe kommt, geht dabei unter.“ Die WHO emp­fiehlt übri­gens eine Durch­imp­fungs­ra­te von 75 Pro­zent.

Häu­figs­te Kom­pli­ka­ti­on: Lun­gen­ent­zün­dung
Älte­re Men­schen ste­cken sich zwar im Ver­gleich zu Kin­dern nicht so häu­fig mit Influ­en­za an, da sie meist weni­ger expo­niert sind und weni­ger Kon­takt zu erkrank­ten Per­so­nen haben. Im Fall einer Erkran­kung ist die Wahr­schein­lich­keit für schwer­wie­gen­de Kon­se­quen­zen aber beson­ders hoch. Die Influ­en­za-Viren befal­len die Atmungs­or­ga­ne, schwä­chen das Immun­sys­tem und brei­ten sich oft über Lun­ge, Gehirn und Herz aus. Es kommt dabei häu­fig auch zu einer Ver­schlech­te­rung einer bestehen­den Grund­er­kran­kung. Für vie­le Pati­en­ten bedeu­tet die­se lang­wie­ri­ge Erkran­kung oft das Ende ihrer Selbst­stän­dig­keit und sie wer­den dau­er­haft pfle­ge­be­dürf­tig. Der Befall der Atem­we­ge ist beson­ders pro­ble­ma­tisch, denn zu den Viren kön­nen Bak­te­ri­en hin­zu­kom­men, die in der geschä­dig­ten Atem­wegs­schleim­haut einen idea­len Nähr­bo­den fin­den. Daher sind zusätz­li­che bak­te­ri­el­le Infek­tio­nen (Super- bzw. Sekun­där­in­fek­tio­nen) mög­lich, die nicht sel­ten schwe­rer ver­lau­fen als die eigent­li­che Influ­en­za. „Gera­de im Alter kann eine bak­te­ri­el­le Lun­gen­ent­zün­dung sehr schwe­re Ver­laufs­for­men anneh­men und lebens­be­droh­lich sein“, erläu­tert Gru­beck-Loeben­stein. „Das Risi­ko dafür kann nur durch recht­zei­ti­ge Behand­lung bzw. noch bes­ser durch eine vor­beu­gen­de Influ­en­za-Imp­fung gesenkt wer­den.“

Immun­sys­tem ver­än­dert sich im Alter
Bewie­sen ist, dass die Immun­kom­pe­tenz gene­rell mit zuneh­men­dem Alter schlech­ter wird. Ein Grund dafür ist, dass zwi­schen dem 40. und 50. Lebens­jahr die Pro­duk­ti­on der T‑Lymphozyten, die zum spe­zi­fi­schen Immun­sys­tem gehö­ren, endet. Aber auch das unspe­zi­fi­sche Immun­sys­tem und die Zusam­men­set­zung der Immun­ab­wehr ins­ge­samt ver­än­dern sich. Die­ses Phä­no­men wird Immu­no­se­nes­zenz genannt. Die Fol­gen: Die Reak­ti­on des Immun­sys­tems auf Infek­ti­ons­er­re­ger ist geschwächt, es kommt häu­fi­ger zu chro­ni­schen Krank­hei­ten, Krebs und Auto­im­mun­erkran­kun­gen sowie zu infek­ti­ons­be­ding­ten Krank­hei­ten wie der Influ­en­za. Gleich­zei­tig spricht der Kör­per auf Imp­fun­gen schlech­ter an.

Regel­mä­ßi­ge Imp­fung wich­tig
Die Effek­ti­vi­tät der Influ­en­za-Imp­fung sinkt dadurch auf etwa 50 bis 60 Pro­zent im Ver­gleich zu 70 bis 90 Pro­zent bei unter 65-Jäh­ri­gen. Alter­na­ti­ven gibt es der­zeit nicht. „Trotz der leicht nied­ri­ge­ren Ansprech­ra­ten ist die regel­mä­ßi­ge Imp­fung ganz beson­ders wich­tig“, betont die Alters­for­sche­rin, „denn je höher der Anti­kör­per­ti­ter vor der Imp­fung ist, des­to bes­ser ist auch jener nach der Imp­fung. Wie­der­hol­te Imp­fun­gen geben dem Immun­sys­tem also einen Boost. Außer­dem soll­te man nicht erst mit 65 Jah­ren mit der regel­mä­ßi­gen Imp­fung begin­nen, son­dern bereits mit 50.“

Stu­di­en zei­gen, dass geimpf­te älte­re Per­so­nen, die nach einer Imp­fung kei­nen aus­rei­chen­den Impf­ti­ter haben, trotz­dem einen mil­de­ren Krank­heits­ver­lauf haben. Ins­ge­samt konn­te klar nach­ge­wie­sen wer­den, dass die Wahr­schein­lich­keit für einen Kran­ken­haus­auf­ent­halt durch eine Influ­en­za-Imp­fung um etwa 50 Pro­zent gesenkt wer­den kann. Auch die Sterb­lich­keit wird durch eine Imp­fung um die Hälf­te redu­ziert.1 Bei geimpf­ten älte­ren Men­schen, die zuhau­se leben, sinkt die Wahr­schein­lich­keit, über­haupt an Influ­en­za zu erkran­ken, um 50 bis 60 Pro­zent.2

Unter­schied­li­che For­schungs­an­sät­ze zur Effek­ti­vi­täts­stei­ge­rung
Die For­schung beschäf­tigt sich aktu­ell mit ver­schie­de­nen Vari­an­ten, um den Impf­schutz für älte­re Per­so­nen zu ver­bes­sern. Die­se rei­chen von einer höhe­ren Impf­do­sis für Senio­ren über ver­schie­de­ne Adju­van­ti­en bis zu hin zu neu­en Impf­tech­ni­ken. Bis es soweit ist emp­fiehlt das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um in sei­nem Impf­plan die jähr­li­che Influ­en­za-Imp­fung ab einem Alter von 50 Jah­ren.

Rück­fra­ge­hin­weis:
Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Mobil: +43 664 515 30 40
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Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
Mobil: +43 664 544 62 90
r.gallo-daniel@web.oevih.at
www.oevih.at

1 Hak E, Clin Infect Dis 2002
2 Nichol KL, Vaccine 2003