Lungenentzündungen treffen Kinder besonders hart
Kinder unter fünf Jahren und Erwachsene über 50 erkranken häufiger
Wien, 11. Dezember 2019. Lungenentzündungen sind eine der unangenehmsten Begleiterscheinungen der kalten Jahreszeit. Besonders oft und besonders hart treffen sie kleine Kinder und ältere Menschen, da bei ihnen das Immunsystem noch nicht beziehungsweise nicht mehr optimal funktioniert. Eine der wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen gerade für diese Gruppen ist eine Impfung gegen Pneumokokken, die der häufigste Auslöser für bakterielle Lungenentzündungen, aber auch für die noch gefährlicheren invasiven Pneumokokken-Erkrankungen (IPE) sind. Die Pneumokokken-Impfung ist bis zum Alter von zwei Jahren im österreichischen Gratis-Kinder-Impfprogramm enthalten. Und das ist auch für die älteren Menschen eine gute Nachricht, da auch sie dadurch indirekt einen gewissen Schutz vor Pneumokokken-verursachten Erkrankungen erhalten.
Lungenentzündung bei Kindern können langfristige Folgen haben
Lungenentzündung ist nicht nur in Entwicklungsländern eine häufige Erkrankung bei Kindern. Auch in Industrieländern mit hohem Einkommen ist heute noch eines von 66 Kindern betroffen. Meist werden die kindlichen Lungenentzündungen durch bestimmte Bakterien – die sogenannten Pneumokokken — verursacht. „Auch wenn Lungenentzündungen – sofern sie bakteriell verursacht wurden – mit Antibiotika gut behandelbar sind, sollte man diese Erkrankung nicht auf die leichte Schulter nehmen und möglichst viele davon durch eine Pneumokokken-Impfung im Säuglings- und Kleinkindalter verhindern“ warnt Univ.-Prof. Dr. Ernst Eber, Klinikvorstand an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. Denn: Eine Pneumonie im Kindesalter kann langfristig zu einer eingeschränkten Lungenfunktion führen. Schwere oder mehrmalige Lungenentzündungen verstärken diesen negativen Effekt. Es gibt sogar immer mehr Beweise, die auf einen Zusammenhang zwischen Lungenentzündung in früher Kindheit und chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) deuten.
Influenza bringt den Blutzucker zum Entgleisen
Eine Influenza bei Menschen mit Diabetes ist aber nicht nur aufgrund von klassischen Influenza-Komplikationen gefährlich. Sie macht es auch schwierig, den Blutzucker unter Kontrolle zu halten. Manchmal führt eine Influenza-Infektion dazu, dass der Blutzucker steigt, manchmal können Menschen, während sie krank sind, aber auch nicht essen, worauf der Blutzucker fällt. „Beides ist sehr gefährlich und kann sogar lebensbedrohlich sein“ betont Brath. „Ungeklärte Blutzuckeranstiege sind oft das erste Warnsignal einer Infektion bei Personen mit Diabetes. Dies sollten die Betroffenen unbedingt ernst nehmen und im Zweifelsfalle lieber sofort zum Arzt gehen, damit dieser der Ursache auf den Grund gehen kann.“ Daten aus einer amerikanischen Langzeitstudie, die mittels App erhoben wurden, förderten weitere interessante Details zutage: Im Zeitraum von zwei Wochen vor der Influenza-Diagnose bis vier Wochen danach hatten Menschen mit Diabetes zusätzlich zu den erhöhten Komplikationsraten für Lungenentzündungen, Sepsis sowie Herz-Kreislauferkrankungen auch einen höheren Antibiotikaverbrauch, eine schlechtere Schlafqualität und eine eingeschränktere Mobilität als die Kontrollgruppe mit Menschen ohne Diabetes. Dazu kamen um 75 Prozent mehr abnormale Blutzuckerwerte im Vergleich zu den eigenen Werten vor der Erkrankung.
Pneumokokken können bis ins Gehirn vordringen
Pneumokokken können außer Lungenentzündungen auch schmerzhafte Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündungen sowie invasive Pneumokokken-Erkrankungen auslösen. Bei letzteren dringen Erreger sogar in normalerweise sterile Körperflüssigkeiten wie Blut oder Liquor (Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) ein und können zu Blutvergiftungen oder Gehirnhautentzündungen (Meningitis) führen. Pneumokokken-Meningitiden sind bei etwa 10 Prozent aller betroffenen Kinder in Österreich zwischen 2001 und 2008 tödlich ausgegangen. Bei fast 30 Prozent sind schwere neurologische Folgeschäden – wie zum Beispiel dauerhafte Hörstörungen – zurückgeblieben. Nach wie vor sind die Erkrankungszahlen bei invasiven Pneumokokken-Erkrankungen steigend. Allein 2018 sind in Österreich 28 Kinder unter fünf Jahren an invasiven Pneumokokken-Erkrankungen erkrankt.
Keimreduktion bei gesunden Kindern schützt Erwachsene
Pneumokokken findet man übrigens auch bei gesunden Kindern. Und zwar in der Nase und im Rachenraum. „Das ist nicht ungewöhnlich und kein Grund zur Besorgnis“, erläutert der Experte. Mit dem Alter und der Ausreifung des Immunsystem werden die Bakterien weniger. Obwohl diese bakterielle Besiedelung für Kinder prinzipiell ungefährlich ist, ist es eines der Ziele von Pneumokokken-Impfprogrammen bei Kindern, diese zu verringern, um eine Übertragung auf andere Menschen und damit mögliche Infektionen zu verhindern. Auf diese Art und Weise tragen Kinderimpfungen dazu bei, dass ältere ungeimpfte Personen ebenfalls ein geringeres Erkrankungsrisiko haben. Dass dies funktioniert, zeigen sogar österreichische Daten. So sind zum Beispiel bei Personen über 60 die invasiven Pneumokokken-Erkrankungen, die durch die in den Kinderimpfstoffen abgedeckten Pneumokokken-Serotypen (Untergruppen) verursacht werden, nach Einführung der Kinder-Impfungen um 71 Prozent zurückgegangen. Dennoch ersetzt die Kinderimpfung nicht jene der Erwachsenen. Nur wer sich zusätzlich selbst impfen lässt, ist auch wirklich gut geschützt.
Breite Serotypen-Abdeckung nötig
Derzeit kennt man 97 verschiedene Pneumokokken-Serotypen, 40 davon wurden 2018 in Österreich nachgewiesen. Die wichtigsten davon werden durch die am Markt befindlichen Impfstoffe abgedeckt. Es zeigt sich allerdings, dass es durch Impfprogramme auch manchmal zu einem sogenannten „replacement effect“ kommt. Das bedeutet, dass nach einiger Zeit vermehrt Serotypen auftreten, für die in den verwendeten Impfstoffen keine Antigene enthalten sind. Dennoch überwiegen die positiven Effekte der (Kinder-)Impfungen klar. „Als Ärzte sind wir froh, dass die Forschung auf diese Veränderungen reagiert und laufend an neuen Impfstoffen arbeitet, die immer mehr zirkulierende Pneumokokken-Serotypen abdecken. Damit können wir auch diesen „replacement effect“ gut abfangen. Wichtig ist, dass möglichst viele Kinder mit dem jeweils aktuell besten Impfstoff geimpft werden, damit nicht nur sie selbst, sondern auch ihre älteren Mitmenschen möglichst gut geschützt sind“, betont Pneumologe Eber. Er appelliert daher an alle Eltern: „Nutzen Sie das Kinder-Impfprogramm und lassen Sie ihre Kinder gegen Pneumokokken impfen!“
Referenzen:
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Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin 36, 7. September 2015
Österreichischer Impfplan 2019
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