Maßnahmen gegen HPV dringend erforderlich

Durch Erhöhung der Durchimpfungsrate Todesfälle verhindern

Wien, 2. März 2022. Vie­le Krebs­ar­ten kann man nicht oder kaum ver­hin­dern. Anders ist das bei Gebär­mut­ter­hals­krebs, zum Teil auch bei ande­ren Krebs­ar­ten wie bei­spiels­wei­se Rachen- oder Penis­kar­zi­no­men. Sie wer­den durch das Huma­ne-Papil­lo­ma-Virus (HPV) aus­ge­löst. Das bedeu­tet: Ver­hin­dert man die Infek­ti­on, ver­hin­dert man auch den Krebs. Das ist tat­säch­lich seit eini­gen Jah­ren mög­lich, näm­lich durch eine vor­beu­gen­de HPV-Imp­fung. Lei­der ist auch in Öster­reich vie­len Men­schen der Zusam­men­hang zwi­schen HPV und Krebs sowie die Impf­mög­lich­keit dage­gen bis heu­te nicht bekannt. Daher wird im Rah­men des Welt-HPV-Tages am 4. März beson­ders dar­auf auf­merk­sam gemacht.

Fast jede*r infi­ziert sich

HPV ist die häu­figs­te vira­le Infek­ti­on im Geni­tal­trakt. Die Über­tra­gung erfolgt durch sexu­el­len
Kon­takt. Im Lau­fe ihres Lebens infi­zie­ren sich die meis­ten sexu­ell akti­ven Frau­en und Män­ner mit HPV, man­che sogar mehr­fach. In den meis­ten Fäl­len bewirkt die Immun­ab­wehr zwar ein spon­ta­nes Abhei­len der Infek­ti­on mit HPV, die Infek­tio­nen mit bestimm­ten HPV-Stäm­men kön­nen aber spä­ter zu Krebs­vor­stu­fen und Krebs füh­ren. Die HPV-Stäm­me 16 und 18 sind gemein­sam für rund 70 % aller welt­weit auf­tre­ten­den Gebär­mut­ter­hals­kar­zi­no­me ver­ant­wort­lich, ins­ge­samt sie­ben Stäm­me lösen 90 % aller Gebär­mut­ter­hals­kar­zi­no­me aus.2 Ande­re Krebs­ar­ten wer­den eben­falls größ­ten­teils durch HPV aus­ge­löst: Rachen zu 70 %, Anus zu 90 %, Penis zu 60 % und Vagi­na sowie Schei­de zu über 70 %. Außer­dem erkrankt jede*r Zehn­te im Lau­fe des Lebens an Geni­tal­war­zen, die zu 90 % von zwei HPV-Stäm­men ver­ur­sacht wer­den. Die­se Erkran­kung ist zwar nicht töd­lich, aber höchst unan­ge­nehm und oft schwer zu behan­deln.

Gerin­ges Bewusst­sein

Das Bewusst­sein für HPV und sei­ne Fol­gen ist in Öster­reich gering. Eine Markt­for­schung aus dem Jahr 2019 mit 1.000 Befrag­ten im Alter von 16 bis 60 zeig­te, dass nur 46 % der Befrag­ten wuss­ten, was HPV ist, gera­de ein­mal 34 % war bekannt, dass HPV Krebs aus­lö­sen kann und nur 9 % glaub­ten, dass HPV für bei­de Geschlech­ter ein Risi­ko dar­stellt. Dem gegen­über ste­hen hun­der­te Dia­gno­sen von Gebär­mut­ter­hals­krebs pro Jahr. Daten exis­tie­ren zu zuletzt aus dem Jahr 2019. Damals wur­den 340 Fäl­le regis­triert. 130 bis 180 Frau­en ster­ben jedes Jahr dar­an. „Das gerin­ge Bewusst­sein in der Bevöl­ke­rung für HPV erklärt ver­mut­lich auch zum Teil die nied­ri­ge Durch­imp­fungs­ra­te“, erläu­tert Univ. Prof. Dr. Elmar Jou­ra von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Frau­en­heil­kun­de, Kli­ni­sche Abtei­lung für All­ge­mei­ne Gynä­ko­lo­gie und gynä­ko­lo­gi­sche Onko­lo­gie an der Med­Uni Wien. „Die HPV-Imp­fung gehört zu den kos­ten­frei­en Kin­der­imp­fun­gen und soll­te im Rah­men des Schulimpf­pro­gramms 9–11jährigen Kin­dern ver­ab­reicht wer­den. Tat­säch­lich dürf­te aber nur maxi­mal jedes zwei­te Kind tat­säch­lich gegen HPV geimpft sein.“

Auf der inter­na­tio­na­len Agen­da

Auch inter­na­tio­nal ist in Sachen HPV-Imp­fung noch eini­ges zu tun. Die WHO hat sich ein ehr­gei­zi­ges Ziel gesetzt. Sie möch­te, dass bis 2030 90 % aller Mäd­chen bis 15 Jah­re gegen HPV geimpft sind. Außer­dem soll die alters­ad­ap­tier­te Inzi­denz­ra­te auf unter 4 pro 100.000 Frau­en­jah­re gesenkt wer­den. Öster­reich liegt der­zeit bei 8 Fäl­len pro 100.000 Frau­en­jah­re. Nicht nur die WHO, son­dern auch die EU hat der HPV-beding­ten Krank­heits­last und Sterb­lich­keit den Kampf ange­sagt. Der euro­päi­sche Bea­ting Can­cer Plan sieht eben­falls eine Stei­ge­rung der HPV-Durch­imp­fungs­ra­te bis 2030 auf 90% bei Mäd­chen vor und will auch die Durch­imp­fung von Buben signi­fi­kant stei­gern. Die 90 % sind des­halb not­wen­dig, um einen Gemein­schafts­schutz zu errei­chen und HPV-beding­te Krebs­er­kran­kun­gen auch tat­säch­lich aus­rot­ten zu kön­nen. „Es muss daher auch das gesund­heits­po­li­ti­sche Ziel in Öster­reich sein, eine so hohe Durch­imp­fungs­ra­te zu errei­chen, dass alle Buben und Mäd­chen lang­fris­tig vor schwer­wie­gen­den Krebs­er­kran­kun­gen geschützt sind“, betont Jou­ra. „Die Errei­chung der WHO-Zie­le ist bei gesund­heits­po­li­ti­schem Wil­len mach­bar, die bereits seit lan­gem bestehen­den, natio­na­len Emp­feh­lun­gen müs­sen ledig­lich kon­se­quent umge­setzt wer­den.“

Kon­kre­te Maß­nah­men erfor­der­lich

Der Öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler hat nun eini­ge kon­kre­te Maß­nah­men iden­ti­fi­ziert, um WHO- und EU-Zie­le bes­ser errei­chen zu kön­nen:

  • Brei­te und nie­der­schwel­li­ge Auf­klä­rung für Kin­der und Jugend­li­che (Health Liter­acy) sowie Infor­ma­tio­nen dar­über, wo die Imp­fung erhält­lich ist
  • Kla­re und für alle Bun­des­län­der ein­heit­lich defi­nier­te Vor­ga­ben des Bun­des, wer (HPV-)Impfungen im Schul­al­ter durch­führt (Schulärzt*in, Amtsärzt*in, Impfärzt*in, Kinderärzte*in) und wie die­se in den Pflicht­schu­len (Lan­des­kom­pe­tenz) und den wei­ter­füh­ren­den Schu­len (Bun­des­kom­pe­tenz) umge­setzt wer­den
  • Anreiz­sys­tem, damit die Imp­fun­gen auch in Anspruch genom­men wer­den
  • Abbau büro­kra­ti­scher Hür­den (z.B. ana­lo­ge Ein­ver­ständ­nis­er­klä­run­gen) sowie Start einer Dis­kus­si­on über Opt-out statt Opt-in
  • Ver­län­ge­rung des Mut­ter-Kind-Pas­ses und Inte­gra­ti­on der Imp­fun­gen im Kin­des­al­ter bis zum Abschluss der schu­li­schen Lauf­bahn (maxi­mal bis zum voll­ende­ten 18. Lebens­jahr) und Inte­gra­ti­on der HPV-Imp­fun­gen in die obli­ga­to­ri­schen Schul­un­ter­su­chun­gen
  • Öster­reich­weit glei­cher Zugang zur kos­ten­frei­en HPV-Imp­fung bei nie­der­ge­las­se­nen Kin­der- und Allgemeinärzt*innen
  • Ein­tra­gung aller HPV-Imp­fun­gen in den eImpf­pass und trans­pa­ren­te Publi­ka­ti­on der Durch­imp­fungs­ra­ten (natio­nal und nach Bun­des­län­dern), um ziel­ge­rich­te­te Maß­nah­men ein­lei­ten zu kön­nen

Im Detail auch nach­zu­le­sen im HPV-Facts­heet des ÖVIH hier

Ser­vice­hin­weis: HPV-Video mit Mar­tin Moder

Der ÖVIH pro­du­ziert der­zeit eine Video­se­rie zu impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen bezie­hungs­wei­se die Imp­fun­gen dage­gen gemein­sam mit dem Mole­ku­lar­bio­lo­gen und Sci­ence Bus­ter Mar­tin Moder. In sei­nem aktu­el­len Video, erklärt er in gewohn­ter anschau­li­cher Manier alles, was man über HPV und die HPV-Imp­fung wis­sen muss.

Refe­ren­zen:

https://www.who.int/immunization/diseases/hpv/en/, zuletzt abge­ru­fen am 1.2.2020
https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/human-papillomavirus-(hpv)-and-cervical-cancer
Öster­rei­chi­scher Impf­plan 2022
https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/krebserkrankungen/gebaermutterhals/index.html
https://www.who.int/publications/i/item/9789240014107, zuletzt abge­ru­fen am 18.2.2022
https://www.iccp-portal.org/news/globocan-2018, zuletzt abge­ru­fen am 18.2.2022

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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