ÖVIH ortet Handlungsbedarf bei Impfungen abseits von COVID-19

Verbesserter Zugang zu Non-COVID-Impfstoffen, Aufholkampagnen für versäumte Impfungen während der Pandemie und mehr Budgetmittel notwendig

Wien, 26. April 2021. Im Rah­men der Euro­pean Immu­niza­ti­on Week rücken auch die Imp­fun­gen abseits von COVID-19 wie­der ver­mehrt in den Fokus. Der Grund: Auf­grund der COVID-19-Pan­de­mie wer­den Imp­fun­gen der­zeit viel­fach aus­ge­setzt oder – teil­wei­se auf unbe­stimm­te Zeit — ver­scho­ben. Das führt zum Absin­ken von Durch­imp­fungs­ra­ten mit poten­zi­ell schwe­ren Fol­gen. Der öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) emp­fiehlt daher eine Rei­he von Maß­nah­men, um ver­säum­te Imp­fun­gen wie­der auf­zu­ho­len. Der Ver­band setzt sich ins­be­son­de­re für Schrit­te im Bereich der Schulimp­fun­gen und des lebens­lan­gen Imp­fens ein.

Unter­schätz­te Gefahr

Laut WHO und UNICEF könn­te es 2020 zum ers­ten Mal seit 28 Jah­ren zu einem Rück­gang der Durch­imp­fungs­ra­ten bei Kin­dern gekom­men sein. „Das ist ein dra­ma­ti­sches Signal und gilt ver­mut­lich nicht nur für wirt­schaft­lich schwä­che­re Län­der, son­dern auch für die EU und Öster­reich“, erklärt ÖVIH-Prä­si­den­tin Renée Gal­lo-Dani­el. „Wir haben bei eini­gen Imp­fun­gen in den letz­ten Jah­ren eine hohe Akzep­tanz und sehr gute Durch­imp­fungs­ra­ten erreicht. Bei­spie­le sind die FSME- und die Rota­vi­rus­imp­fung bezie­hungs­wei­se Kin­der­imp­fun­gen ganz all­ge­mein. Nun lau­fen wir Gefahr, dass durch das Aus­set­zun­gen oder Ver­schie­ben von Imp­fun­gen ver­meid­ba­re Krank­hei­ten wie­der ver­mehrt auf­tre­ten. Durch die sich dar­aus erge­ben­den Kos­ten könn­te das Gesund­heits­sys­tem zusätz­lich zu COVID-19 noch wei­ter belas­tet wer­den.“ Daher müs­se schnellst­mög­lich alles getan wer­den, um Rou­ti­ne­imp­fun­gen wie­der auf­zu­neh­men und ver­säum­te Imp­fun­gen nach­zu­ho­len. Dies gel­te für Kin­der und Erwach­se­ne. Lebens­lan­ger Impf­schutz gegen vie­le Krank­hei­ten kön­ne ein wich­ti­ger Bei­trag zu einem gesün­de­ren, pro­duk­ti­ve­ren und län­ge­ren Leben sein, der außer­dem die Nach­hal­tig­keit der Gesund­heits­sys­te­me stär­ken und ver­bes­sern wür­de.

Hand­lungs­auf­ruf zur rasche­ren und effi­zi­en­te­ren Erhö­hung von Durch­imp­fungs­ra­ten in Öster­reich

Der ÖVIH schließt sich daher den For­de­run­gen des euro­päi­schen Dach­ver­ban­des Vac­ci­ne Euro­pe an:

1. Erwei­te­rung des Impf­zu­gan­ges und nie­der­schwel­li­ger Zugang zu Imp­fun­gen für alle Alters­grup­pen

Zugangs­bar­rie­ren zu Imp­fun­gen müs­sen abge­baut bezie­hungs­wei­se der Zugang zu ihnen erleich­tert wer­den. Laut ÖVIH kann dies zum Bei­spiel über eine ver­mehr­te Eta­blie­rung von Impf­zen­tren auf Gemein­de­ebe­ne, regel­mä­ßi­ge Impf­be­ra­tung in Apo­the­ken, brei­te Impf­an­ge­bo­te in Betrie­ben und Schu­len oder im Rah­men eines Impf­pass-Checks bei der Vor­sor­ge­un­ter­su­chung gesche­hen. Wich­tig wäre, dass Imp­fun­gen auch von Fachärzt*innen durch­ge­führt wer­den kön­nen (z.B. Pädiater*innen kön­nen Eltern mit­imp­fen, mehr Imp­fun­gen als bis­her bei Frauenärzt*innen) bezie­hungs­wei­se dass jeder Arzt­be­such auch zur Kon­trol­le des Impf­pas­ses genützt wird. „Gemäß dem Mot­to „Lebens­lan­ges Imp­fen — Imp­fen ein Leben lang“ müs­sen Imp­fun­gen für Kin­der, Jugend­li­che und Erwach­se­ne ange­bo­ten wer­den. Wich­tig ist es, jetzt die Durch­imp­fungs­ra­ten zu stei­gern und Auf­hol­kam­pa­gnen für ver­säum­te Imp­fun­gen zu initi­ie­ren“, so Gal­lo-Dani­el.

Neben dem Eta­blie­ren von nie­der­schwel­li­gen Impf­an­ge­bo­ten sei es wich­tig, Ver­trau­en in Imp­fun­gen zu schaf­fen, beto­nen die Impf­stoff­her­stel­ler. Imp­fen kön­ne Leben ret­ten, Krank­hei­ten vor­beu­gen und sei­en nach sau­be­rem Trink­was­ser die wich­tigs­te Prä­ven­ti­ons­maß­nah­me.

2. Impf­bud­gets sicher­stel­len, um die brei­te Bevöl­ke­rung zu errei­chen und ihr zu ermög­li­chen, einen lebens­lan­gen Impf­schutz auf­zu­baue

Daten aus 2019 zei­gen, dass der erreich­ba­re Impf­schutz für das Gesund­heits­sys­tem im Ver­gleich zu den damit ver­bun­de­nen Kos­ten etwa das Zehn­fa­che an Ein­spa­run­gen mit sich brin­gen könn­te. Imp­fun­gen machen in der EU aller­dings nur etwa 0,5 % der Gesamt­aus­ga­ben im Gesund­heits­sys­tem aus. Die Befürch­tung besteht, dass gera­de in Zei­ten von wirt­schaft­li­chen Kri­sen, die Aus­ga­ben im Gesund­heits­sys­tem beson­ders von Ein­schrän­kun­gen betrof­fen sein könn­ten. „Vor allem die Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men könn­ten wie­der ver­nach­läs­sigt wer­den“, fürch­tet Gal­lo-Dani­el. „Ein­spa­run­gen, die im Rah­men einer Wirt­schafts­kri­se nach der Gesund­heits­kri­se zu erwar­ten sind, soll­ten auf kei­nen Fall die Impf­bud­gets betref­fen“, meint auch Chris­toph Jandl, neu­er Gene­ral­se­kre­tär der ÖVIH, „denn ein lebens­lan­ger Impf­schutz stärkt defi­ni­tiv auch das Gesund­heits­sys­tem.“ Ein leich­te­rer Zugang zu Imp­fun­gen wie zum Bei­spiel gegen Influ­en­za, Pneu­mo­kok­ken oder ande­re impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen kön­ne und wer­de auch dabei hel­fen, wei­te­re ver­hee­ren­de Aus­wir­kun­gen von COVID-19 auf das Gesund­heits­sys­tem zu ver­hin­dern.

3. Rasche Umset­zungs­plä­ne und schnel­le Imple­men­tie­rung von Nach­hol­kam­pa­gnen für alle unter- oder abge­bro­che­nen Impf­pro­gram­me in allen Alters­grup­pen

„In Öster­reich geht es bei Impf­pro­gram­men meist um den Impf­schutz von Babys und Klein­kin­dern“, erläu­tert Sig­rid Has­lin­ger, Vize­prä­si­den­tin des ÖVIH. „Imp­fun­gen könn­ten aber auch eine gro­ße Zahl von Todes­fäl­len bei älte­ren Erwach­se­nen ver­hin­dern.“ Daher müss­ten auch die Imp­fun­gen von Erwach­se­nen und beson­ders jene im Bereich des medi­zi­ni­schen Fach­per­so­nals gestärkt und for­ciert wer­den. Aus Sicht des ÖVIH wäre es wich­tig, jetzt Impf­zie­le, also bei­spiels­wei­se defi­nier­te Durch­imp­fungs­ra­ten pro Imp­fung, fest­zu­le­gen. Auch die Plä­ne für die Post-COVID-Pha­se müss­ten jetzt aus­ge­ar­bei­tet wer­den.

Imp­fen als Zei­chen von Ver­ant­wor­tung

Das Prä­si­di­um des ÖVIH steht den Ent­schei­dungs­trä­gern in Öster­reich daher für eine Zusam­men­ar­beit bei all die­sen The­men ger­ne jeder­zeit zur Ver­fü­gung und betont ganz beson­ders jetzt: „Imp­fen heißt Ver­ant­wor­tung tra­gen, für den Ein­zel­nen und die Gesell­schaft.“

Refe­ren­zen:

World Health Orga­niza­ti­on. WHO and UNICEF warn of a decli­ne in vac­ci­na­ti­ons during COVID-19. July 15, 2020.

Plot­kin SL, Plot­kin SA. A short histo­ry of vac­ci­na­ti­on. In: Plot­kin SA, Oren­stein WA, eds. Vac­ci­nes, 4th edn. Phil­adel­phia: WB Saun­ders; 2004: 1–15.

Inter­na­tio­nal Fede­ra­ti­on of Phar­maceu­ti­cal Manu­fac­tu­r­ers and Asso­cia­ti­ons (IFPMA). Imple­men­ting a Life-Cour­se Approach to Immu­niza­ti­on. Sep­tem­ber 12, 2019

Eth­gen et al. (2018): Vac­ci­na­ti­on Bud­get in Euro­pe: an update. Human Vac­ci­nes & Immu­no­the­ra­peu­tics 2018, Vol. 14, (12), 2911–2915.

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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