Pneumokokken-Impfung: Heuer wichtiger denn je

Impfung hilft durch Bakterien verursachte Lungenentzündungen zu verhindern und Intensivkapazitäten zu erhalten

Wien, 8. Sep­tem­ber 2020. In der Hoch­pha­se der COVID-19-Pan­de­mie war es schwie­rig, sich imp­fen zu las­sen. Jetzt ist es dafür umso wich­ti­ger. Dar­über sind sich Ver­tre­te­rIn­nen der öffent­li­chen Hand, der Ärz­tIn­nen und der Apo­the­ke­rIn­nen einig. Das gilt spe­zi­ell für Imp­fun­gen, die Infek­tio­nen der Atem­we­ge und ihre Fol­ge­er­schei­nun­gen ver­hin­dern. Zu die­sen jähr­lich wie­der­keh­ren­den Infek­ti­ons­er­kran­kun­gen gehört unter ande­rem die bak­te­ri­el­le Pneu­mo­kok­ken- Lun­gen­ent­zün­dung. Sie kann gera­de bei älte­ren Per­so­nen und jenen mit chro­ni­schen Erkran­kun­gen zu einem Spi­tals­auf­ent­halt, im schlimms­ten Fall sogar zu einer Behand­lung auf der Inten­siv­sta­ti­on und zum Tod füh­ren. Kom­men­den Win­ter wird es auf­grund der gleich­zei­tig zu erwar­ten­den Covid-19-Fäl­le umso rele­van­ter sein, Lun­gen­ent­zün­dun­gen so gut wie mög­lich zu ver­hin­dern. Im Unter­schied zu SARS­CoV- 2 kann man sich gegen die wich­tigs­ten Pneu­mo­kok­ken-Sub­ty­pen imp­fen las­sen. Gera­de wegen der nied­ri­gen Durch­imp­fungs­ra­te der letz­ten Jah­re soll­ten Risi­ko­grup­pen – also älte­re Per­so­nen und chro­nisch Kran­ke – dies heu­er ver­stärkt tun.

Inva­si­ve Pneu­mo­kok­ken-Erkran­kun­gen nur die Spit­ze des Eis­bergs
„2019 wur­den in Öster­reich 615 inva­si­ve Pneu­mo­kok­ken-Erkran­kun­gen gemel­det, also etwa gleich vie­le wie im bis­he­ri­gen Rekord­jahr 2018“, berich­tet Priv. Doz.in Mag.a Dr.in Maria Paul­ke-Kori­nek, PhD, DTM, Lei­te­rin der Abtei­lung Impf­we­sen im Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Sozia­les, Gesund­heit, Pfle­ge und Kon­su­men­ten­schutz. „Die meis­ten Fäl­le wur­den bei Per­so­nen über 80 Jah­ren beob­ach­tet, gefolgt von den 75–79-Jährigen“, so die Impf­ex­per­tin. „Die­se inva­si­ven Erkran­kun­gen sind aber nur ein ver­schwin­dend klei­ner Bruch­teil der tat­säch­li­chen Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen“, erläu­tert OA Dr. Micha­el Mei­lin­ger vom Arbeits­kreis Infek­tio­lo­gie und Tuber­ku­lo­se der Öster­rei­chi­schen Gesell­schaft für Pneu­mo­lo­gie (ÖGP) und ergänzt: „Bei Erwach­se­nen zei­gen sie sich meist in Form von Lun­gen­ent­zün­dun­gen. Die­se kön­nen zwar in den meis­ten Fäl­len vom Haus­arzt oder von der Haus­ärz­tin mit einem Anti­bio­ti­kum behan­delt wer­den, den­noch han­delt es sich dabei nicht um eine harm­lo­se Erkran­kung.“ Eine Pneu­mo­nie kön­ne auch einen schwe­ren Ver­lauf mit respi­ra­to­ri­scher Insuf­fi­zi­enz (zu wenig Sau­er­stoff im Blut), Blut­ver­gif­tung oder Mul­ti­or­gan­be­tei­li­gung neh­men und ent­zünd­li­chen Stress in den Blut­ge­fä­ßen erzeu­gen, der län­ger­fris­tig zu einem erhöh­ten Risi­ko für Mikro­in­fark­te in Orga­nen, Schlag­an­fäl­le oder Herz­in­fark­te füh­ren wür­de. „Das bedeu­tet, dass das Mor­ta­li­täts­ri­si­ko auch für die­se Pati­en­tIn­nen steigt“, warnt der Pneu­mo­lo­ge.

Abstand hal­ten nicht immer mög­lich
„Abstand­hal­ten wür­de – wie auch bei Covid-19 — hel­fen, die Anste­ckungs­ra­ten zu ver­hin­dern. In der Fami­lie oder bei engen Freun­den ist das aber nicht immer so leicht“, betont Dr. Rudolf Schmitz­ber­ger, Lei­ter des Refe­rats für Impfan­ge­le­gen­hei­ten der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer. „Ein enger Kon­takt zu Kin­dern – also bei­spiels­wei­se zwi­schen Groß­el­tern und Enkel­kin­dern – för­dert die Über­tra­gung von Covid-19 und von ande­ren Erkran­kun­gen wie Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen.“
Pneu­mo­kok­ken besie­deln den Nasen-Rachen-Raum und wer­den wie SARS-CoV‑2 durch Tröpf­chen­in­fek­ti­on über­tra­gen. Daher sind die bedeu­tends­te Infek­ti­ons­quel­le für Erwach­se­ne Kin­der unter fünf Jah­re. Sie tra­gen Pneu­mo­kok­ken stän­dig in sich, ohne zu erkran­ken. Sind die Abwehr­kräf­te aller­dings geschwächt, kann es zu einer Pneu­mo­kok­ken- Erkran­kung kom­men. „In wei­te­rer Fol­ge kön­nen Kin­der die Erkran­kung dann an ihr Umfeld „wei­ter­ge­ben“, was gera­de bei älte­ren Men­schen zu schwer­wie­gen­den Kon­se­quen­zen füh­ren kann“, erklärt Schmitz­ber­ger.

Höhe­re Pneu­mo­kok­ken-Durch­imp­fungs­ra­te bedeu­tet weni­ger Erkran­kun­gen und mehr freie Spi­tals­res­sour­cen
Einig sind sich die Exper­tIn­nen dar­über, dass die Durch­imp­fungs­ra­te bei der Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung die­ses Jahr deut­lich erhöht wer­den soll­te. Bis­her liegt sie bei Per­so­nen zwi­schen 19 und 69 Jah­ren bei 15 Pro­zent. Die Sero­ty­pen­ver­tei­lung zei­ge, dass die Sero­ty­pen 3,19A und 8 in Öster­reich im ver­gan­ge­nen Jahr am häu­figs­ten vor­ge­kom­men sind, erläu­tert Paul­ke-Kori­nek. Mei­lin­ger betont: „Nie­mand kann aktu­ell sicher vor­her­sa­gen, wie die Coro­na-Situa­ti­on im Win­ter aus­se­hen wird. Als Pneu­mo­lo­ge und Ver­tre­ter des Arbeits­krei­ses Infek­tio­lo­gie und Tuber­ku­lo­se der Öster­rei­chi­schen Gesell­schaft für Pneu­mo­lo­gie kann ich nur an alle Per­so­nen über 60 appel­lie­ren, sich gegen Pneu­mo­kok­ken imp­fen zu las­sen. Per­so­nen mit Vor­er­kran­kun­gen, wie z.B. chro­ni­schen Lun­gen- oder Herz­er­kran­kun­gen, Dia­be­tes, Nie­ren­in­suf­fi­zi­enz oder auch Tumor­er­kran­kun­gen soll­ten sich unab­hän­gig vom Alter unbe­dingt imp­fen las­sen. Damit redu­zie­ren sie das Risi­ko für zumin­dest eine gefähr­li­che Lun­gen­er­kran­kung und tra­gen dazu bei, dass wir wei­ter­hin genug Spi­tals­res­sour­cen haben, um Pati­en­tIn­nen mit Erkran­kun­gen zu behan­deln, gegen die es (noch) kei­ne Imp­fung gibt.“

WHO emp­fiehlt die Fort­füh­rung der Impf­pro­gram­me
Auch die WHO stellt klar, dass exis­tie­ren­de Impf­pro­gram­me für älte­re Per­so­nen und jene mit Risi­ko­er­kran­kun­gen wei­ter durch­ge­führt wer­den sol­len, wäh­rend gleich­zei­tig dar­auf geach­tet wer­den muss, dass es zu kei­ner Über­tra­gung von Covid-19 kommt. Impf­re­fe­rent Schmitz­ber­ger: „Die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer unter­stützt die­se Auf­for­de­rung und hat alle Maß­nah­men getrof­fen, um Covid-19-Anste­ckun­gen im Rah­men von Arzt­be­su­chen zu ver­hin­dern.“ Der­zeit ist noch nicht bekannt, ob Covid-19 mit einem erhöh­ten Risi­ko für Pneu­mo­kok­ken-Infek­tio­nen asso­zi­iert ist. Aber: Eine Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung kann sowohl pri­mä­re als auch sekun­dä­re Infek­tio­nen ver­hin­dern und den Ein­satz von Anti­bio­ti­ka redu­zie­ren.

Pneu­mo­kok­ken-Impf­ak­ti­on bis 31. März 2021
„Die Pneu­mo­kok­ken-Impf­stof­fe wer­den der­zeit im Rah­men einer Impf­ak­ti­on der öster­rei­chi­schen Apo­the­ken ver­güns­tigt ange­bo­ten“, erklärt Mag. pharm. Dr. Ger­hard Kobin­ger, Prä­si­di­ums­mit­glied der Öster­rei­chi­schen Apo­the­ker­kam­mer. „Die Impf­ak­ti­on läuft vom 1. Sep­tem­ber bis zum 31. März 2021. Dar­über hin­aus gewäh­ren eini­ge Kran­ken­kas­sen einen Kos­ten­zu­schuss. Um das Hand­ling für die Kun­den mög­lichst ein­fach zu gestal­ten, wird die­ser Kos­ten­zu­schuss direkt in der Apo­the­ke vom Akti­ons­preis abge­zo­gen.“

Gemein­sa­mes Vor­ge­hen wich­tig
Noch gibt es kei­ne Imp­fung gegen Covid-19, den­noch zei­ge sich bereits jetzt, wie wich­tig ein gemein­sa­mes Vor­ge­hen der öffent­li­chen Hand, der Ärz­tIn­nen, der Apo­the­ke­rIn­nen und der impf­stoff­her­stel­len­den Indus­trie sei, betont Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) und Seni­or Mana­ger Public Affairs Vac­ci­nes bei Pfi­zer Öster­reich. „Gegen die Pneu­mo­kok­ken gibt es schon vie­le Jah­re effek­ti­ve Impf­stof­fe, daher ist es wich­tig, dass wir hier gemein­sam an das Bewusst­sein der Bevöl­ke­rung appel­lie­ren, sich selbst und ande­re durch die Imp­fung zu schüt­zen. Imp­fen heißt auch im Fall der Pneu­mo­kok­ken-Imp­fung Ver­ant­wor­tung tra­gen, für sich selbst und für die Gesell­schaft.“

Refe­ren­zen:

Öster­rei­chi­scher Impf­plan 2020

https://infektiologie.co.at/wp-content/uploads/2019/11/Kundi_Pneumokokken2019.pdf, zuletzt abge­ru­fen am 24.8.2020

Inte­gral Markt­for­schung, Impf­ver­hal­ten in Öster­reich, 2019

WHO, Immu­niza­ti­on in the con­text of COVID-19 pan­de­mic, April 2020

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Rene Gal­lo-Dani­el
Prsi­den­tin des ster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
Mobil: +43 664 544 62 90
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