Routine-Impfungen während der Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung: ÖVIH befürchtet Rückgang der Durchimpfungsraten

Gefahr für vermehrtes Auftreten von impfpräventablen Erkrankungen durch Aussetzen von notwendigen Impfungen

Wien, 21. April 2020. Anläss­lich der Euro­päi­schen Impf­wo­che. Sel­ten wur­de ein Impf­stoff so her­bei­ge­sehnt wie jener gegen SARS-CoV‑2. Bis die­ser ver­füg­bar ist, soll­ten wir uns zumin­dest vor jenen Erkran­kun­gen schüt­zen, gegen die schon jetzt ein Impf­stoff vor­han­den ist. Das sagt die WHO, nicht nur, aber auch in der gera­de statt­fin­den­den Euro­päi­schen Impf­wo­che. Sie emp­fiehlt aus­drück­lich, Rou­ti­ne­imp­fun­gen wei­ter durch­zu­füh­ren, sofern dies im Rah­men der Coro­na-Pan­de­mie mög­lich ist. Denn: Je län­ger Imp­fun­gen aus­ge­setzt wer­den, des­to höher ist die Wahr­schein­lich­keit, dass vie­le Men­schen wie­der für Infek­ti­ons­krank­hei­ten anfäl­lig wer­den, gegen die sie eigent­lich geschützt sein könn­ten – mit nega­ti­ven Fol­gen für sich und das Gesund­heits­sys­tem. Der Öster­rei­chi­sche Ver­band der Impf­stoff­her­stel­ler (ÖVIH) unter­stützt die WHO–Empfehlung und for­dert beson­ders für die Zeit der Pan­de­mie eine kon­kre­te­re Pla­nung von Akti­vi­tä­ten rund um das The­ma „Imp­fen“. Das betrifft einer­seits die Imp­fun­gen im Bereich der Gesund­heits­be­ru­fe, aber auch jene für alle Öster­rei­che­rIn­nen.

Rou­ti­ne­imp­fun­gen wei­ter durch­füh­ren
Tau­sen­de Pati­en­tIn­nen mit COVID-19 wer­den der­zeit in Öster­reich behan­delt. Was dabei oft ver­ges­sen wird: Der über­wie­gen­de Teil der erkrank­ten Per­so­nen hier­zu­lan­de lei­det eigent­lich an ande­ren Erkran­kun­gen. Man­che davon wären ver­meid­bar, weil man sich dage­gen imp­fen las­sen kann. Bes­tes Bei­spiel: Zu Beginn der Coro­na-Pan­de­mie fürch­te­te man einen raschen Eng­pass in den Spi­tä­lern, weil vie­le Sta­tio­nen und auch Inten­siv­bet­ten mit Influ­en­za-Pati­en­tIn­nen belegt waren. „Vie­le Spi­tals­auf­ent­hal­te hät­ten ver­mie­den wer­den kön­nen, wären mehr Men­schen gegen die sai­so­na­le Influ­en­za geimpft gewe­sen“, erläu­tert Renee Gal­lo-Dani­el, Prä­si­den­tin des ÖVIH. „Auch bei ande­ren impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen wie Masern oder FSME haben wir in Öster­reich jedes Jahr zahl­rei­che Erkran­kungs­fäl­le “, so die ÖVIH-Prä­si­den­tin. „Gegen die­se Krank­hei­ten gibt es aber wirk­sa­me Impf­stof­fe. Aktu­ell sehen wir die Gefahr, dass vie­le Men­schen auf­grund der Coro­na-Kri­se die emp­foh­le­nen Rou­ti­ne­imp­fun­gen nicht wahr­neh­men (kön­nen), die­se zu lan­ge ver­schie­ben und schließ­lich dar­auf ver­ges­sen. Das wäre dann ein zusätz­li­ches Pro­blem für vie­le Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­cher und spe­zi­ell für Men­schen, die in Gesund­heits­be­ru­fen tätig sind“, warnt Gal­lo-Dani­el.
Ein gro­ßes Pro­blem sehen wir heu­te schon „nahen“: die nächs­te sai­so­na­le Influ­en­za­wel­le. Die­se kommt mit Sicher­heit im nächs­ten Win­ter auf uns zu. „Ohne zeit­ge­recht, gemein­sam geplan­te Maß­nah­men wer­den neben Pati­en­tIn­nen mit COVID-19 auch Men­schen mit Influ­en­za-Erkran­kun­gen die Kapa­zi­tä­ten des Gesund­heits­sys­tems belas­ten und erneut dra­ma­ti­sche und auch kos­ten­in­ten­si­ve medi­zi­ni­sche Gegen­maß­nah­men erfor­dern. Um dies zu ver­mei­den, könn­te man die Influ­en­za-Imp­fung Risi­ko­pa­ti­en­tIn­nen und Schlüs­sel­per­so­nal anzu­bie­ten. Eine Stei­ge­rung der der­zeit mit 8 % extrem nied­ri­gen Durch­imp­fungs­ra­te könn­te vie­le Krank­heits­fäl­le und somit auch Leid ver­hin­dern. Es wür­de aber auch zu unge­heu­ren finan­zi­el­len Ein­spa­rungs­po­ten­zia­len im Gesund­heits­we­sen kom­men “ ergänzt Bern­hard Pra­ger, Gene­ral­se­kre­tär und Influ­en­za-Beauf­trag­ter im ÖVIH.
Auch die WHO ist sich der Gefahr der aus­ge­setz­ten Imp­fun­gen bewusst und spricht sich klar dafür aus, Imp­fun­gen wei­ter­hin durch­zu­füh­ren, solan­ge dies mit den Maß­nah­men zur Bekämp­fung von COVID-19 ver­ein­bar ist.

Kla­re Vor­ge­hens­wei­se not­wen­dig
Die WHO warnt: Selbst eine kur­ze Unter­bre­chung der Impf-Rou­ti­ne erhöht das Risi­ko für Aus­brü­che von impf­prä­ven­ta­blen Erkran­kun­gen wie Masern oder Röteln. „Not­wen­dig ist daher eine defi­nier­te Vor­gangs­wei­se, die sicher­stellt, dass die not­wen­di­gen Imp­fun­gen durch­ge­führt wer­den und gleich­zei­tig aus­rei­chend Schutz vor SARS-CoV‑2 sowohl für die Impf-Ärz­tin­nen und ‑ärz­te als auch für die Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten gewähr­leis­tet ist“, betont Sig­rid Has­lin­ger, Vize-Prä­si­den­tin des ÖVIH. „Dafür braucht es kon­kre­te Defi­ni­tio­nen, in wel­chem Rah­men, das heißt zum Bei­spiel in wel­chen Räum­lich­kei­ten, zu wel­chem Zeit­punkt, wel­che Per­so­nen­grup­pen ihre Imp­fun­gen erhal­ten sol­len, damit auch beson­ders gefähr­de­te Grup­pen wie Risi­ko­pa­ti­en­tin­nen und ‑pati­en­ten (z.B. Per­so­nen mit Immun­schwä­che oder Lun­gen­er­kran­kun­gen), Neu­ge­bo­re­ne oder älte­re Men­schen maxi­mal geschützt wer­den.“ Die WHO emp­fiehlt nach einem Coro­na-beding­ten Aus­set­zun­gen der Impf­rou­ti­ne auch eine Stra­te­gie für dadurch not­wen­di­ge Nach­hol-Imp­fun­gen zu ent­wi­ckeln, um Impflü­cken sowohl auf indi­vi­du­el­ler als auch auf gesell­schaft­li­cher Ebe­ne zu ver­mei­den. Has­lin­ger wünscht sich in die­sem Zusam­men­hang eine enge­re Abstim­mung des ÖVIH, als „Spre­cher“ für die impf­stoff­her­stel­len­de Indus­trie mit Gesund­heits­po­li­tik und Behör­den, um den Impf­stoff-Bedarf ent­spre­chend kal­ku­lie­ren zu kön­nen.

Vor­be­rei­tung auf den nächs­ten Win­ter star­ten „JETZT“
Für die WHO haben im Herbst/Winter 2020/2021 zwei Imp­fun­gen beson­de­re Prio­ri­tät: Influ­en­za und Pneu­mo­kok­ken. Das gilt ganz beson­ders für gefähr­de­te Pati­en­ten­grup­pen wie Bewoh­ne­rIn­nen von Senio­ren­hei­men. Aber auch für das Betreu­ungs­per­so­nal. Denn gera­de Influ­en­za und Lun­gen­ent­zün­dung tra­gen stark zur Sterb­lich­keit auf­grund von Atem­wegs­er­kran­kun­gen bei.
Durch kon­se­quen­te Influ­en­za- und Pneu­mo­kok­ken-Imp­fun­gen kann man vie­le schwe­re Erkran­kungs­fäl­le und dar­aus fol­gen­de Anfäl­lig­kei­ten für ande­re Erkran­kun­gen ver­mei­den“, erklärt Pra­ger. „Und gera­de wäh­rend der Coro­na-Kri­se ist es zusätz­lich wich­tig, dass mög­lichst weni­ge Men­schen auf­grund einer Influ­en­za oder einer Pneu­mo­kok­ken-Lun­gen­ent­zün­dung sta­tio­när im Spi­tal auf­ge­nom­men wer­den müs­sen. Des­we­gen müs­sen wir jetzt schon pla­nen, wie die­se Imp­fun­gen statt­fin­den kön­nen und kal­ku­lie­ren, wie vie­le Impf­stof­fe dafür benö­tigt wer­den. Der ÖVIH for­dert daher eine früh­zei­ti­ge gemein­sa­me Pla­nung mit allen Exper­tIn­nen und dem öffent­li­chen Gesund­heits­we­sen, um eine aus­rei­chen­de Impf­stoff­ver­sor­gung sicher­stel­len zu kön­nen.“

Refe­ren­zen:

WHO, Gui­dance on rou­ti­ne immu­niza­ti­on ser­vices during COVID-19 pan­de­mic in the WHO Euro­pean Regi­on, 20.3.2020

WHO, Gui­dance on rou­ti­ne immu­niza­ti­on ser­vices during COVID-19 pan­de­mic in the WHO Euro­pean Regi­on, Inte­rim Gui­dance, 26.3.2020

WHO, Infec­tion Pre­ven­ti­on and Con­trol gui­dance for Long-Term Care Faci­li­ties in the con­text of COVID-19, Inte­rim gui­dance, 21.3.2020

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Kon­takt ÖVIH:
Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
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