Pres­se­mit­tei­lung vom 16.05.2019

Unberechenbare FSME kennt keine Grenzen

Umfassendes Standardwerk zu FSME mit weltweiten Verbreitungsdaten veröffentlicht

Wien, 16. Mai 2019. FSME (Früh­som­mer-Menin­go­en­ze­pha­li­tis) ist mitt­ler­wei­le ein glo­ba­les Phä­no­men. Welt­weit wer­den jähr­lich etwa 10.000 bis 12.000 FSME-Fäl­le regis­triert, die Ster­be­ra­te liegt zwi­schen 0,2 und 20 Pro­zent. Seit 2012 ist FSME in der EU eine mel­de­pflich­ti­ge Krank­heit. Die Fall­zah­len in den ein­zel­nen Län­dern sind selbst in Euro­pa auf­grund unter­schied­li­cher Defi­ni­tio­nen schwer mit­ein­an­der ver­gleich­bar und dürf­ten wegen der hohen Dun­kel­zif­fer ver­mut­lich nur die Spit­ze des Eis­bergs dar­stel­len. Die Risi­ko­ge­bie­te ändern sich lau­fend. Auch Rei­sen­de sind immer häu­fi­ger von der Erkran­kung betrof­fen. Der aktu­el­le Stand der Wis­sen­schaft zu allen Aspek­ten der FSME (eng­lisch: TBE), von den Über­tra­gungs­we­gen über die Dia­gnos­tik bis hin zum Umgang mit spe­zi­el­len Pati­en­ten­grup­pen, wird nun im neu­en Buch über FSME („The TBE-Book“) zusam­men­ge­fasst. 

Umfas­sen­de Fall­da­ten­re­cher­che
Trotz ein­heit­li­cher Krank­heits­de­fi­ni­ti­on in der EU gibt es nur in weni­gen Län­dern natio­na­le FSME-Auf­klä­rungs- oder Impf-Pro­gram­me, sodass es nach wie vor gro­ße Dif­fe­ren­zen bezüg­lich der Über­wa­chung (Fall­mel­dun­gen) und Dia­gnos­tik gibt. „Daten zur Krank­heits­last sind somit nur schwer ver­gleich­bar. Wis­sen­schaft­lich vali­de Fall­zah­len gibt es nicht“, erläu­tert Priv. Doz. Dr. Ger­hard Dobler vom Natio­na­len Kon­si­li­ar­la­bor für FSME am Insti­tut für Mikro­bio­lo­gie der Bun­des­wehr in Mün­chen. Für das Buch wur­de nun die welt­wei­te Epi­de­mio­lo­gie (Krank­heits­ver­brei­tung) so genau wie mög­lich recher­chiert, her­un­ter­ge­bro­chen auf Län­der- und teil­wei­se sogar regio­na­le Ebe­ne. „Die­se epi­de­mio­lo­gi­schen Daten stam­men fast immer von Wis­sen­schaft­lern aus der Regi­on selbst und wur­den bis­her noch nie in einer der­art umfas­sen­den und kom­pak­ten Form ver­öf­fent­licht“, ergänzt Mit­her­aus­ge­ber Dr. Micha­el Brö­ker.

Risi­ko­ge­bie­te im Wan­del
Das TBE-Book dient aber nicht nur als Nach­schla­ge­werk, son­dern soll auch auf­zei­gen, wie wich­tig wei­te­re For­schun­gen auf die­sem Gebiet sind. So gal­ten die Nie­der­lan­de zum Bei­spiel bis vor drei Jah­ren als FSME-frei. In der Zwi­schen­zeit wur­de das wider­legt. „Ähn­li­che Bei­spie­le wer­den noch fol­gen“, ist sich Brö­ker sicher. So wer­de in eini­gen euro­päi­schen Län­dern (z.B. Grie­chen­land, Län­der des Bal­kans, Rumä­ni­en, Bul­ga­ri­en) bis heu­te nicht sys­te­ma­tisch auf FSME getes­tet. Nach­ge­wie­se­ne Fäl­le sei­en nach wie vor Zufalls­be­fun­de und beruh­ten häu­fig auf den Akti­vi­tä­ten ein­zel­ner inter­es­sier­ter Wis­sen­schaft­ler. „Selbst bereits defi­nier­te Risi­ko­ge­bie­te kön­nen sich ändern“, ergänzt Dobler. In Zen­tral­eu­ro­pa, spe­zi­ell in Öster­reich und Deutsch­land, beob­ach­ten Wis­sen­schaft­ler bei­spiels­wei­se der­zeit, dass FSME-Risi­ko­ge­bie­te in mitt­le­ren Höhen­la­gen (ca. 400 m) wie­der ver­schwin­den, aber gleich­zei­tig in höhe­ren Ebe­nen, ab etwa 600 Metern See­hö­he, neue Risi­ko­ge­bie­te ent­ste­hen. „Es ist also schwer zu sagen, ob man und wo man wirk­lich sicher ist“, so Dobler.
Ziel des Buches ist daher unter ande­rem, dar­auf auf­merk­sam zu machen, dass hin­ter manch unge­klär­tem Fall von Gehirn- oder Gehirn­haut­ent­zün­dung auch FSME ste­cken könn­te.

FSME als Rei­se­krank­heit
FSME wird aber auch als Rei­se­imp­fung immer rele­van­ter. „Ent­ge­gen vie­ler Annah­men ist auch jemand gefähr­det, sich mit FSME zu infi­zie­ren, wenn er nach Skan­di­na­vi­en, ins Bal­ti­kum oder auf die däni­sche Insel Born­holm reist“, erklärt Brö­ker. In Russ­land gibt es ganz beson­ders vie­le Fäl­le, FSME wur­de aber auch fern von Euro­pa in Chi­na, Japan, der Mon­go­lei oder Korea nach­ge­wie­sen. Durch­schnitt­lich bis zu fünf Pro­zent der in Deutsch­land regis­trier­ten FSME-Fäl­le sind Infek­tio­nen, die ursprüng­lich im Aus­land erwor­ben wur­den. Manch­mal auch über unpas­teu­ri­sier­te Milch- oder Milch­pro­duk­te. „In der Slo­wa­kei kom­men bis zu 20 Pro­zent aller Infek­tio­nen auf die­sem Weg zustan­de“, erläu­tert Dobler.
„Gera­de in Öster­reich besteht für Tou­ris­ten ein nicht zu unter­schät­zen­des Risi­ko“, betont  Univ. Prof. Dr. Micha­el Kun­ze vom Zen­trum für Public Health, Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät Wien. „Das Risi­ko, sich in einem Ende­mie­ge­biet mit FSME zu infi­zie­ren liegt bei 1:10.000. Es ist damit ähn­lich hoch wie jenes eines unge­impf­ten Tou­ris­ten an Typhus zu erkran­ken, wenn er in ein indi­sches Risi­ko­ge­biet fährt.“ Legt man die Erkran­kungs­wahr­schein­lich­keit auf die Anzahl der jähr­li­chen Über­nach­tun­gen in Öster­reich um, ergibt dies 60 Fäl­le von rei­se­as­so­zi­ier­ter FSME pro Som­mer.

Nied­ri­ge Durch­imp­fungs­ra­ten in Euro­pa
„Obwohl man sich in vie­len Län­dern Euro­pas mit FSME infi­zie­ren kann, sind vie­le Men­schen nicht dage­gen geimpft“, berich­tet Kun­ze. Eine in elf euro­päi­schen Län­dern durch­ge­führ­te Befra­gung hat unter ande­rem gezeigt, dass selbst in Län­dern mit rela­tiv vie­len Fall­zah­len wie z.B. in Finn­land oder im Bal­ti­kum, die Durch­imp­fungs­ra­ten oft rela­tiv nied­rig sind (Lett­land 53 Pro­zent, Est­land 31 Pro­zent). Häu­fig kommt es vor, dass die Men­schen die not­wen­di­gen Auf­fri­schungs­imp­fun­gen nicht wahr­neh­men. Nur 27 bezie­hungs­wei­se 15 Pro­zent aller befrag­ten Per­so­nen in den elf Län­dern gaben an, die ers­te und zwei­te Auf­fri­schungs­imp­fung erhal­ten zu haben.Mit einer Durch­imp­fungs­ra­te von über 80 Pro­zent gilt Öster­reich als Mus­ter­bei­spiel, aller­dings sinkt die­se Zahl hier­zu­lan­de deut­lich, wenn man die kor­rekt durch­ge­führ­ten Auf­fri­schungs­imp­fun­gen berück­sich­tigt.

Das Buch
Details zu die­sen und vie­len wei­te­ren The­men fin­den inter­es­sier­te Medi­zi­ner und Wis­sen­schaft­ler im Buch, zu dem zusätz­lich wöchent­li­che Kurz­kom­men­ta­re und monat­li­che News­let­ter ver­öf­fent­licht wer­den. Das Buch kann nach einer Regis­trie­rung kos­ten­frei unter https://id-ea.org/tbe/her­un­ter­ge­la­den wer­den. Gedruckt ist es beim Ver­lag GLOBAL HEALTH PRESS sowie in Kür­ze auch beim Online­buch­händ­ler Ama­zon erhält­lich.

Dobler G, Erb­er W, Brö­ker M, Schmitt HJ, eds.

The TBE Book.

2nd ed. Sin­ga­po­re: Glo­bal

Health Press; 2019. doi: 10.33442/978–981-14–0914-1_1

Rück­fra­ge­hin­weis:

Mag.a Uta Mül­ler-Car­stan­jen
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Mag.a Renée Gal­lo-Dani­el
Prä­si­den­tin des Öster­rei­chi­schen Ver­ban­des der Impf­stoff­her­stel­ler
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