RSV: Wieder eine starke Saison

9. April 2024

Erfolgreiche Prävention möglich

Noch befinden wir uns in den Ausläufern der RSV-Saison, aber eines ist jetzt schon sicher: Es war wieder eine heftige. Es kam zu vielen Spitalsaufnahmen und schweren Verläufen, sowohl bei Säuglingen als auch bei Senior:innen. Die RSV-Saison hat sich nun im Unterschied zu unmittelbar nach der COVID-19-Pandemie etwas mehr auf den Jahresanfang verschoben und fand gleichzeitig mit der Influenza-Epidemie statt. Die meisten Spitalsaufnahmen wurden Anfang Februar verzeichnet. Seit Herbst 2023 sind Impfstoffe für Senior:innen und Schwangere verfügbar. Für Risiko-Säuglinge gibt es passive Präventionsmöglichkeiten. Erste Daten auf internationaler Ebene zeigen, dass flächendeckende Immunisierungen von Säuglingen die Hospitalisierungen aufgrund von RSV deutlich senken konnten.

Späte, aber heftige RSV-Saison

Wie bereits die RSV-Saison 2022/2023 ist auch die Saison 2023/2024 wieder stark ausgefallen. Erste Erkrankungsfälle wurden im Oktober registriert, zur Epidemie wurde RSV dann in der letzten Woche des Jahres 2023. Der Höhepunkt wurde allerdings erst Anfang Februar 2024 verzeichnet, zu diesem Zeitpunkt lag die Positivitätsrate der eingesendeten Proben bei 20 % (ab 10 % geht man von einer epidemischen Situation aus). Diese epidemiologischen Zahlen haben sich auch deutlich in den Spitälern widergespiegelt. Die wenigen RSV-bedingten Spitalsaufnahmen im Oktober steigerten sich zu über 450 Aufnahmen in nur einer Woche im Februar. Darunter auch 13 auf der Intensivstation. Die Saison ist also mindestens so heftig ausgefallen wie vor COVID-19. Das bestätigt auch Univ.-Prof. Dr. Bernhard Resch von der klinischen Abteilung für Neonatologie an der MedUni Graz. „Wir hatten im Prinzip einen zeitlichen Ablauf der RSV-Welle wie vor COVID-19, aber sehr, sehr viele Aufnahmen und Zuweisungen auf die Kinderintensivstation.“

Der Fall eines Frühgeborenen, das sich im Spital mit RSV infiziert hat, blieb ihm besonders in Erinnerung: „Der Zustand des Säuglings hat sich bereits nach wenigen Stunden massiv verschlechtert, dabei war er eigentlich schon kurz vor der Entlassung. Der Bub kam auf die Kinderintensivstation und musste zwei Wochen lang intubiert und beatmet werden. Danach musste er noch wochenlang weiter auf der Intensivstation bleiben, während die nicht betroffene Zwillingsschwester schon seit fünf Wochen zu Hause war.“

In Wien ist sogar ein sieben Monate altes Baby gestorben.

RSV betrifft auch die Senior:innen

Bei Erwachsenen im berufstätigen Alter zeigt sich RSV meist als „Erkältung“ mit Husten und Schnupfen. Bei älteren Personen ändert sich das aber: Bei ihnen kann sie zu Bronchitis, Lungenentzündungen und Verschlechterungen von bestehenden Herz- und Lungenerkrankungen führen. In der EU kommt es nach neuesten Daten pro Jahr zu rund 145.000 Hospitalisierungen aufgrund von RSV bei Personen über 65 Jahren. 2.300 davon in Österreich.

Für ao. Univ.-Prof. Dr. Stefan Winkler, Stv. Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin an der MedUni Wien sind RSV und Influenza für ältere Menschen mittlerweile gleich problematisch. Während seine Station im Winter früher eine reine „Influenza-Station“ war, war sie in diesem Winter zuerst eine COVID-19- und dann eine Influenza- und RSV-Station. Auch für die Patient:innen seien die vielen verschiedenen Atemwegserreger ein großes Problem. „Viele sind jetzt den ganzen Winter krank. Zuerst haben sie Corona, das schwächt ihr Immunsystem. Dann erkranken sie – weil viele ungeimpft sind – an Influenza, und dann noch an RSV.“ Speziell für Personen mit einer Vorerkrankung der Lunge könne eine RSV-Infektion dann lebensgefährlich sein.

Exemplarisch sei der Fall eines 80-jährigen Patienten mit leichter Lungenvorerkrankung. Er wurde mit Atemnot, Husten, leichter Verwirrtheit und hohem Fieber im Spital aufgenommen. Aufgrund der schlechten Sauerstoffsättigung musste er mit Sauerstoff unterstützt werden. Zusätzlich zu RSV entwickelte er eine Pneumokokken-Infektion. Diese konnte mit Antibiotika erfolgreich behandelt werden. Dem Patienten konnte die Intensivstation gerade noch erspart bleiben. Doch die Anfälligkeit für spätere Probleme blieb. Bald danach entwickelte der Patient, der ursprünglich noch relativ fit war, zwei weitere Lungenentzündungen. Ein Jahr später starb er. Ein Zusammenhang mit der RSV-Erkrankung gilt für Winkler als wahrscheinlich.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Für den Infektiologen ist klar: „Alles, was zu impfen geht, sollte geimpft werden.“ Für RSV gibt es diese Möglichkeit bereits. Seit Herbst 2023 stehen zwei Impfstoffe für Personen ab 60 Jahren zur Verfügung, die in den Zulassungsstudien eine hohe Wirksamkeit gegen schwere RSV-Verläufe gezeigt haben. Einer der Impfstoffe ist auch für Schwangere zugelassen. Die Antikörper der Mutter werden über die Plazenta auf das ungeborene Kind übertragen („Nestschutz“). Dadurch kann ein guter Schutz von Neugeborenen vor einer schweren RSV-Erkrankung bewirkt werden.

Für Risikosäuglinge gibt es derzeit in Österreich eine passive Immunisierung, die einmal monatlich verabreicht werden muss. Auf EU-Ebene ist bereits ein langwirksamer monoklonaler RSV-Antikörper zugelassen, der nur einmal pro Saison gegeben werden muss. Hierzu gibt es auf EU-Ebene und in den USA bereits sehr gute Daten zur Reduktion von RSV-Hospitalisierungen beim Einsatz in breit angelegten Immunisierungsprogrammen. , , , , , Ob und wie diese Immunisierungsmöglichkeit dieses Jahr noch in Österreich zur Verfügung stehen wird, ist derzeit Gegenstand von Gesprächen. Ein weiterer langwirksamer monoklonaler RSV-Antikörper ist ebenfalls noch in Entwicklung.

Insgesamt gibt es also mittlerweile mehrere Möglichkeiten, um die Krankheitslast durch RSV in Österreich zu senken. Sie müssen nur noch entsprechend genützt werden.

Referenzen:

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https://www.sari-dashboard.at/, zuletzt abgerufen am 25. März 2024.

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Rückfragehinweis:

Mag.a Uta Müller-Carstanjen
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